Studie: Wie gefährlich sind Bären, Pumas und Wölfe
Medien stellen die Gefahr durch große Beutegreifer für den Menschen oft übertrieben dar, was zu erhöhter Angst und einer negativen Einstellung führt. Tatsächlich sind Attacken von Wölfen, Bären & Co. sehr selten. Dies ist das Ergebnis einer Studie von Verhaltensforschern, die in Scientific Reports veröffentlicht wurde.
In den letzten 60 Jahren wurden in Nordamerika, Europa und Russland zusammen insgesamt rund 700 Attacken von großen Beutegreifern auf Menschen gezählt. Leider werden solch seltene Ereignisse in der Regel von den Medien übertrieben , so die Autoren der Studie. Die Medienberichterstattung über solche Angriffe enthält im Allgemeinen sensationelle Texte und schreckliche Bilder und zielt mehr auf die Emotionen des Publikums als auf ihre Logik. Die Mehrzahl der Angriffe erfolgte durch Kojoten und Pumas in Nordamerika, Braunbären in Europa und Eisbären in der Arktis. Dagegen spielen Wölfe praktisch keine Rolle: In Nordamerika gab es von 1975 bis 1984 durchschnittlich einen Angriff pro Jahr, seit 1985 waren dort nur zwei bis drei Attacken innerhalb von zehn Jahren zu verzeichnen. In Europa gibt es in den letzten 60 Jahren keinen einzigen gesicherten Fall eines Wolfsangriffs auf Menschen.
Bei der Analyse der rund 700 Raubtier-Angriffe seit 1955 stellten die Forscher fest: Fast die Hälfte der Angriffe großer Beutegreifer wurde durch riskantes menschliches Verhalten ausgelöst, so die Verhaltensforscher um Vincenzo Penteriani. Unsere Haupthypothese ist, dass der Mangel an Wissen der Menschen darüber, wie sie riskante Begegnungen mit Großraubtieren vermeiden können, die Zahl der Attacken bestimmt.
Die am häufigsten vorkommenden menschlichen Verhaltens weisen zu dem Zeitpunkt eines Angriffs waren laut der Studie:
a) Eltern ließen ihre kleinen Kinder in Nationalparks oder Wildnisgebieten unbeaufsichtigt umherstreifen (Ursache von 50 Prozent der Puma-Attacken in den USA).
b) Wanderer ließen in Nationalparks oder Wildnisgebieten ihren Hund ohne Leine laufen, was Revier- oder Verteidigungs verhalten von großen Beutegreifern auslösen kann.
c) Jäger suchten von ihnen angeschossene und verwundete Bären oder Wölfe, welche dann zum Gegenangriff ansetzten.
d) Menschen waren in der Dämmerung oder nachts in Revieren großer Beutegreifer aktiv.
e) Menschen näherten sich zu dicht einer Raubtiermutter mit ihren Kindern.
Bei der anderen Hälfte der Fälle war oft unbewusst falsches Verhalten der Auslöser, wenn Menschen versehentlich zwischen Muttertier und Nachwuchs gerieten oder sich in der Nähe eines Kadavers aufhielten. Bei Schwarzbären in amerikanischen Nationalparks sei das Problem, dass die Tiere entgegen gesetzlicher Regeln gefüttert worden waren oder auf Zeltplätzen ungesicherte Vorräte finden - und dann Menschen mit leicht zugänglicher Nahrung in Verbindung bringen.
Man müsse die Zahl der Raubtierattacken auch in Relation zu den Menschenmassen sehen, die in der Natur unterwegs sind, so die Forscher. In den USA etwa besuchen mittlerweile jedes Jahr mehr als 100 Millionen Personen die Nationalparks und andere Schutzgebiete; viele davon zelten oder wandern dort in unmittelbarer Nähe von Beutegreifern. Zudem werden die Lebensräume von Wildtieren immer weiter zersiedelt.
Viel größere Gefahr, vom Blitz getroffen oder von Jägern erschossen zu werden
Wenn man sich richtig verhält und Begegnungen richtig einschätzt, müsse man sich nicht vor großen Beutegreifern fürchten, so die Verhaltensforscher. Denn obwohl immer mehr Menschen Wildtiergebiete besuchen, seien Angriffe immer noch extrem selten: In Nordamerika, Europa und Russland zusammen kommt es pro Jahr nur zu durchschnittlich 24 Raubtier-Attacken, von denen rund vier tödlich enden.
Zum Vergleich: In den USA sterben jährlich 44 Menschen durch Wespen- und Bienenstiche und 141 durch Blitzschlag. Allein in Deutschland sterben jedes Jahr 25 bis 40 Menschen durch Jäger.
Quelle: Vincenzo Penteriani et al.: Human behaviour can trigger large carnivore attacks in developed countries. In: Scientific Reports 6, 2016