Todesurteil für Millionen Küken
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat am 19.5.2016 entschieden, dass das millionenfache Töten männlicher Küken mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. Begründung: Die wirtschaftlichen Interessen der Brütereien seien wichtiger als das Leben von jährlich 50 Millionen männlichen Küken.
Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster (OVG) hat am 19.5.2016 das Tötungsverbot so genannter Eintagsküken im bevölkerungsreichsten Bundesland für rechtswidrig erklärt. Hintergrund des Verfahrens ist ein Erlass des Umweltministers von Nordrhein-Westfalen, Johannes Remmel, (Grüne) aus dem Jahr 2013, der das Töten männlicher Küken in der Eierindustrie verbot. Hiergegen klagten landesweit mehrere Brüterei-Inhaber, woraufhin das Verwaltungsgericht Minden das Verbot im Januar 2015 aufhob. Das Land Nordrhein-Westfalen legte dagegen Berufung ein. Das OVG in Münster hat entschieden: Küken dürfen weiterhin massenhaft getötet werden.
Wir halten die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, das Tötungsverbot aufzuheben, für falsch und hoffen, dass in der nächsten Instanz das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung aufheben wird , so Sophie Nouvertné, Rechtsassessorin bei der Tierrechtsorganisation PETA. Trotz des enttäuschenden Ausgangs dieses Verhandlungstages bleibt festzuhalten, dass nun endlich der längst überfällige gesellschaftliche Diskurs zu dieser wichtigen Problematik geführt wird. Es ist das erste Mal, dass vor einem Gericht über das Kükenschreddern öffentlich verhandelt wurde, nachdem das Thema im Frühjahr von der Strafjustiz kurzerhand im Beschlusswege unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu den Akten gelegt wurde. Wir von PETA sehen nun Politik und Gesetzgeber in der Pflicht, dem massenhaften Töten gesunder und lebensfähiger Wesen endlich Einhalt zu gebieten.
beschäftigt Strafgerichte
Die millionenfache Kükentötung beschäftigte in jüngster Vergangenheit ebenfalls die Strafgerichte. Dafür sorgte eine Strafanzeige von PETA Deutschland e.V. gegen einen Brütereibetreiber im Münsterland. Laut 17 Nr. 1 des Tierschutz gesetzes ist es strafbar, ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund zu töten. Rein wirtschaftliche Gründe wie es bei den so genannten Eintagsküken der Fall ist reichen nicht aus, um eine Tier tötung zu rechtfertigen. Jedes Jahr werden in Deutschland rund 50 Millionen männliche Küken vergast oder bei lebendigem Leibe geschreddert. Dies geschieht, weil sich die Aufzucht der Tiere für die Betreiber wirtschaftlich nicht lohnt: Die Tiere legen weder Eier, noch setzen sie in den Augen der Geflügelindustrie verglichen mit den Nachkommen aus speziellen Mastlinien schnell genug Fleisch an.
Die Staatsanwaltschaft Münster stimmte mit der Auffassung der Tierrechtsorganisation PETA überein, dass es sich bei diesem massenhaften systematischen Kükentöten um ein strafbares Verhalten handelt und erhob infolgedessen Ende 2015 Anklage beim Landgericht Münster. Das Landgericht Münster lehnte die Eröffnung der Hauptverhandlung ab, das Oberlandesgericht in Hamm hat diese Entscheidung Anfang Mai bestätigt.
Wirtschaftliche Interessen vor Tierschutz
Das Urteil zeigt deutlich den Stellenwert der Tiere in unserer Gesellschaft und verdeutlicht, dass trotz der Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz wirtschaftliche Interessen ganz klar denen der Tiere vorgezogen werden , so Dr. Edmund Haferbeck, Leiter der Rechts- und Wissenschaftsabteilung der Tierrechtsorganisation PETA.