Ein Schlächter steigt aus
Das Freiheit für Tiere -Interview mit einem ehemaligen Kopfschlächter
Freiheit für Tiere: Du warst als Kopfschlächter in Süddeutschland tätig. Wie lange hast du das gemacht?
Hans F. (Name von der Redaktion geändert): Achteinhalb Jahre. Dann habe ich aufgehört. Ich konnte die Bilder nicht mehr sehen: Wie die Tiere abgestochen wurden, abgeschossen und wie sie bei lebendigem Leib aufgeschnitten wurden - dann hat es mir gelangt. Da habe ich keinen Bock mehr drauf gehabt.
Freiheit für Tiere: Wie kamst du zu dem Beruf?
Hans F. : Ich habe gelernt als normaler Metzger.
Freiheit für Tiere: Und wie war es dann im Schlachthof?
Hans F.: Ich habe die Bilder alle noch im Kopf drinnen - das holt mich teilweise nachts aus dem Schlaf.
Viele Kopfschlächter sind Alkoholiker, und die gehen mit den Tieren um, als wären sie der letzte Dreck. Wenn die Tiere in der Früh geliefert werden - die kommen irgendwo von Dänemark her oder vom Sudentenland: die Schweine und Rinder -, werden sie einfach reingetrieben, dann werden sie abgeschossen und aufgehängt, viele leben noch, und dann werden sie schon durchgeschnitten. Und dann läuft das Blut von den Bullen. Derweil wird von manchen Schlächtern das Blut gesoffen, manche hauen sich Salz, Pfeffer und ein Ei rein, andere saufen es pur - lauter so Drecks zeug. Und das ist nicht mehr meine Welle gewesen. Ich kann s ja auch nicht mehr, ich will auch nicht - ich habe selber zwei Hunde, ich bin ein Tierfreund.
Oder bei den Spanferkeln, die die Leute draußen fressen - die Quiekerei und die Schreie von den Kleinen -, die ahnen das, die spüren, wenn sie geschlachtet werden sollen. Wenn s einer nicht kann - die schießen dann verkehrt oder stechen verkehrt und diese Tiere leben dann ja noch -, bei lebendigem Leib werden viele geschlachtet.
Freiheit für Tiere: Wie geht der ganze Vorgang im Schlachthof vor sich? Die Tiere kommen also erst einmal vom Transporter...
Hans F.: Ja, die kommen also erst mal rein, die kommen dann in so einen Kessel rein, dann werden sie enthaart...
Freiheit für Tiere:... Leben die Tiere da noch?
Hans F.: Ja, viele leben noch, na, logo! Etliche kommen lebend in den Kessel rein zur Enthaarung. Das ist siedend heiß, das Wasser. Die Borsten werden dann abgebrüht. Dann werden sie gehäutet und dann werden sie geschlachtet. Und dann saufen manche Schlächter das Bullenblut pur, warm, so wie es ist. Oder von den Schweinen die Leber, die wird pur gefressen, so warm wie die ist, lauter so Zeugs. Oder dann werden den Bullen die Hoden abgeschnitten, dann hacken die sie zusammen, dann kommt Salz und Pfeffer dazu und dann wird s gefressen. Die denken, davon werden sie kräftig.
Freiheit für Tiere: Wie essen die das, einfach so mit der Hand oder legen sie es auf einen Teller und essen mit Messer und Gabel?
Hans F.: Die schneiden sich was ab, wenn sie ausbeinen - so nennt sich das - und fressen das gleich so, wie sie es rausnehmen. Pervers ist das, das sage ich dir ganz ehrlich!
Freiheit für Tiere: Wann werden die Tiere genau geschossen?
Hans F.: Wenn die Tiere ankommen, werden sie erst einmal in so eine Art Käfig hineingetrieben. Wenn dann der Schuss nicht gleich klappt - die zappeln ja -, wird ihnen die Kehle durchgeschnitten bei lebendigem Leib. Und das Fleisch wird dann abgenommen. Und wenn das nicht astrein ist - das muss ja geprüft werden -, wenn also das Tier krank war oder das Fleisch sonst nicht zu gebrauchen ist, dann kommt es in die Verwertung rein. Ich fürchte allerdings, hier stimmt sowieso nicht alles, sicher gehen auch manchmal Teile über die Ladentheke, die nicht astrein sind...
Freiheit für Tiere: Und dann hast du aufgehört.
Hans F.: Ich kann so etwas nicht mehr mit ansehen, wie die Tiere leiden müssen. Wenn sie dann reingetrieben werden - das ist ein Wahnsinn. Das musst du mal selber erleben! Ich kann dich mal mitnehmen, dort wo ich gearbeitet habe, die schlachten Montag, Mittwoch und Freitag. Nachts um eins geht es los bis mittags um elf, zwölf rum. Die machen das im Akkord. Das geht nach Stückzahl. Da kämpft jeder gegen jeden, wer die meiste Stückzahl hat. Die verdienen ein Schweinegeld, die Kopfschlächter. Aber ich kann s nicht mehr. Und die Tiere, wenn du die hörst - ich krieg jetzt schon wieder eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke. Ich hab s gemacht und ich konnte es dann auch nervlich nicht mehr. Wie gesagt, viele der Kopfschlächter sind Alkoholiker, die hauen schon nachts die Flasche Schnaps weg und alles. Das ist ja nicht normal! Ich kenne das auch von anderen Schlachthöfen, da ist das genauso. Das sind keine Menschen mehr für mich - die sind ja irre. Ich sag ja, egal, auf welchen Schlachthof du gehst, viele sind Alkoholiker - wenn die mal Kontrollen machen würden, egal, ob es die Lebensmittelpolizei ist oder das Gewerbeaufsichtsamt, die würden das blaue Wunder erleben!
Freiheit für Tiere: Das weiß ja in der Öffentlichkeit eigentlich niemand!
Hans F.: Wer das nicht selber gelernt hat oder das erlebt hat, der weiß das nicht. Wir haben normalerweise Schweigepflicht. Ich dürfte dir das gar nicht erzählen. Mein Name bleibt aus dem Spiel! Ich will da keinen Stress haben!
Wenn von der Gesundheitsbehörde mal wirklich die Leute kontrolliert würden - ich möchte nicht wissen, wie viele da selber an Krankheiten leiden, bei dem, was die von den Tieren alles fressen. Ich kenne einen, wenn der die Därme sauber macht, der macht sich in sein Fleisch einen Teil Kot mit rein und frisst das. Solche Verrückte sind das. Wenn ich s nicht selber erlebt hätte, könnte ich es dir nicht erzählen. Da vergeht dir das Essen.
Freiheit für Tiere: Das kann keiner mehr nachvollziehen...
Hans F.: Nein, das kann auch keiner, wenn man es nicht selber mitgemacht hat!
Freiheit für Tiere: Und werden die Schlächter davon nicht krank?
Hans F.: Teilweise. Der eine geht in Frührente, der andere ist dann irgendwo in der Nervenklinik und so weiter - na ja, weil die jeden Scheißdreck fressen. Und dann fangen die das Saufen an. Mit Schnaps fangen die schon früh um eins an, und um elf Uhr morgens sind manche dann stockbesoffen. Dann geht s noch in die Kneipe rein, da wird ne Kesselsuppe gelöffelt...
Ich könnte es nicht mehr. Heute war Schlachttag, und wenn du vorbeifährst, das stinkt barbarisch bis ins nächste Dorf rüber! Weil die Tiere ja abgeborstet werden. Mit ihrem Kittel gehen die Schlächter einfach in die Kneipe - da gibt s ne extra Kneipe für die - und fressen ihr Zeug da drinnen. Das bringen sie sich oft selbst mit. Und wenn frische Leberwurst gemacht wird, dann machen die um elf, wenn sie Feierabend haben, Brotzeit.
Freiheit für Tiere: Ist es den Schlächtern egal, wie es den Tieren geht?
Hans F.: Ja, den meisten ist das scheißegal. Manche Tiere zappeln noch, nachdem sie geschossen wurden, die haben noch Lebensgefühl, denen werden bei lebendigem Leib die Augen ausgestochen und die Beine abgeschnitten - die zappeln noch, die sind noch warm, die Tiere merken das noch. Das ist ein Riesenleiden - wie bei einem Menschen. Tiere leiden schlimmer als wir.
Freiheit für Tiere: Isst du noch Fleisch?
Hans F.: Nur ganz selten. Ich kann es nicht mehr. Gestern habe ich mir eine Pfannkuchensuppe gemacht, heute eine Reissuppe... Und mein Hund bekommt auch kein Dosenfleisch, weil ich weiß, was da drin ist, was da für Dreck verarbeitet wird. - Weißt du, was in Leberkäse oder Wurst alles drin ist?
Freiheit für Tiere: Nein...
Hans F.: Das kann ich dir erzählen: In Kalbsleberwurst reicht ein Zusatz von 10% Kalb und 10% Schweineleber. Den Rest würden viele Leute wohl nicht freiwillig essen... In Wurst oder Leberkäse kommt alles rein, was nicht als Steak oder Kotelett über die Ladentheke geht: Innereien, Hälse mit Speiseröhren, Beine, Schwänze, Augen, alte Wurst - Abfälle also... Das wird dann mit Gewürz, Geschmacksverstärkern, Farbstoff und Chemie zusammengemischt, dann wird das gebacken und dann geht es an die Leute.
Freiheit für Tiere: Schon der Dichter Jean Paul spottete bekanntlich: Wurst ist Götterspeise, denn nur ein Gott weiß, was drin ist! Darf man denn heute so etwas verkaufen?
Hans F.: Solange sie es nicht kontrollieren... Das Zeug wird ja teilweise eingefroren und dann wird s aufgetaut - und keiner weiß ja, was drinnen ist.
Ein Beispiel kann ich dir sagen: Als ich damals meinen Finger hier, meinen Zeigefinger, im Kutter verloren hab, ist einfach weitergekuttert worden. Und er ist in Bratwürste reingekommen. Ich weiß nicht, wer meinen Finger gefressen hat!
Freiheit für Tiere: Das ist ja kaum zu fassen!
Hans F.: Und am meisten leiden ja die Tiere. Und was manche da abziehen mit den Tieren, das ist nicht mehr normal. Ich kann s nicht mehr ertragen. Das ist vorbei!
Der Name des ehemaligen Kopfschlächters ist der Redaktion bekannt, ebenso der Schlachthof, in dem er tätig war.