Interview mit Dag Frommhold
Dag Frommhold setzt sich seit vielen Jahren für Füchse ein und betreibt mit fuechse.info DIE Informationsseite über Füchse. Jetzt hat er gemeinsam mit dem Fuchs-Experten Daniel Peller das Buch Die Weisheit der Füchse veröffentlicht. FREIHEIT FÜR TIERE sprach mit ihm über seine Motivation und was jeder für Füchse tun kann.
Der Autor
Dag Frommhold, Jahrgang 1975, war schon als Kind von Füchsen begeistert, hat sie viele Stunden lang beobachtet, ihr Verhalten studiert und alles über sie gelesen, was ihm in die Hände kam - und setzt sich seither für Füchse ein. |
FREIHEIT FÜR TIERE: Mit dem Buch »Die Weisheit der Füchse« gibst du gemeinsam mit Daniel Peller Füchsen eine Stimme -auf stolzen 400 Seiten. Wie kam es zu der Idee zu dem Buch?
Dag Frommhold: Daniel und ich kennen uns schon seit vielen Jahren durch unseren gemeinsamen Einsatz im Wildtierschutz. Durch unsere langjährige Beschäftigung mit Füchsen haben wir natürlich nicht nur eine Fülle an Wissen über sie zusammengetragen, sondern wir haben auch viele berührende Geschichten mit ihnen erlebt - manche davon traurig, andere spannend, viele aber auch heiter oder amüsant.
Für das Buchprojekt kam der Ludwig Verlag auf uns zu - den Kontakt hatte Elli Radinger hergestellt, in deren Wolf Magazin ich einige meiner ersten Artikel über Füchse veröffentlich habe. Der Verlag suchte Autoren für ein Fuchsbuch. Wir wurden uns über das Konzept und die inhaltliche Richtung schnell einig, und so begannen wir dann mit der Arbeit an Die Weisheit der Füchse . Der Umfang des Buchs ist letztlich deutlich größer geworden als anfänglich geplant - aber es gab einfach so viele spannende Geschichten zu erzählen, so viele interessante Fakten zu berichten und so viele faszinierende Zusammenhänge aufzudecken, dass der Verlag und wir den Füchsen diesen nötigen Raum auch geben wollten.
FREIHEIT FÜR TIERE: Du setzt dich seit deiner Jugend unermüdlich für Füchse ein. Was treibt dich an?
Dag Frommhold: Der Fuchs polarisiert: Er ist als schlau und schön bekannt, tritt als Held unzähliger Kindergeschichten auf, ist ein beliebter Werbeträger, und die allermeisten Menschen erfreuen sich an seiner Anwesenheit in unseren Städten und Siedlungen. Auf der anderen Seite stellen Jäger dem Fuchs - als beliebter Jagdbeute, aber auch als Beutekonkurrent - erbarmungslos nach und versuchen das mit allerlei Schauermärchen zu rechtfertigen. Kaum ein anderes Wildtier wird so gnadenlos und mit so üblen Methoden verfolgt wie der Fuchs. Dabei gibt es keinerlei vernünftigen Grund für die Fuchsjagd, wie eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien und Erfahrungen aus fuchsjagdfreien Gebieten deutlich zeigen.
Ich möchte den Füchsen eine Stimme geben und einen Beitrag dazu leisten, dass Gesetzgebung und Rechtsprechung der wissenschaftlichen Erkenntnislage einerseits und dem gewachsenen Bewusstsein der Menschen für Tierethik und Naturschutz andererseits angepasst werden.
FREIHEIT FÜR TIERE: Was kann ich tun, wenn ich einen verletzten Fuchs oder einen Jungfuchs finde?
Dag Frommhold: Ganz wichtig ist, sich zu vergewissern, dass das betreffende Tier auch wirklich Hilfe braucht. Wenn der Fuchsvater zum Beispiel nicht mehr lebt, muss die Füchsin ihren Nachwuchs immer wieder für mehrere Stunden allein lassen, um Nahrung zu suchen. Wer also auf Welpen ohne elterliche Begleitung stößt, die ansonsten aber einen fitten und aufgeweckten Eindruck machen, sollte erst einmal überhaupt nicht eingreifen, sondern die Situation zunächst beobachten. Auch wenn ein erwachsener Fuchs etwa humpelt, ist es oft nicht sinnvoll, einzugreifen - viele Verletzungen können die Tiere selbst ausheilen.
Die Entnahme eines Fuchses aus der Natur sollte immer die letzte Option sein; vorher kann man versuchen, verletzte oder geschwächte Tiere durch etwas Futter zu unterstützen. Im Zweifelsfall sollte man so bald wie möglich einen fuchskundigen Ansprechpartner kontaktieren, um das korrekte Vorgehen zu besprechen und das Tier in kompetente Hände zu geben. Das »Fuchshilfsnetz« meines Mitautors Daniel Peller listet dafür Ansprechpartner in ganz Deutschland auf, und die Website www.fuchs-hilfe.de hält viele weitere Hinweise zum Umgang mit verletzten oder verwaisten Füchsen bereit.
FREIHEIT FÜR TIERE: In unserem Nachbarland Luxemburg ist die Jagd auf Füchse seit 2015 verboten. Im Schweizer Kanton Genf ist die Jagd an sich - also auch die Jagd auf Füchse - bereits seit 1974 verboten. Wäre ein Verbot der Fuchsjagd auch in Deutschland möglich?
Dag Frommhold: Ja, aus ökologischer Sicht wäre das nicht nur möglich, sondern absolut sinnvoll. Wissenschaftliche Studien, aber auch die praktischen Erfahrungen aus fuchsjagdfreien Gebieten zeigen dabei klar, dass die Jagd auf Füchse weder zur Eindämmung von Wildtierkrankheiten beiträgt noch bedrohten Arten hilft.
Da überrascht es nicht, dass laut einer repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2020 nur noch 10% der Deutschen das Töten von Füchsen befürworten. Ein Großteil der Bevölkerung (40%) ist ausdrücklich gegen ein Eingreifen durch den Menschen und 30% möchten sogar, dass Füchse aktiv geschützt oder gar gefördert werden.
Leider trägt die aktuelle Rechtslage im Hinblick auf die Fuchsjagd diesen Tatsachen keinerlei Rechnung. Damit sich die positiven Umfragewerte auch in politischen Entscheidungen niederschlagen, müssen die Freunde des Fuchses ihr Schweigen brechen, ihre Stimme erheben und: handeln! Tatsächlich können wir Politik und öffentliche Debatte auf vielfältige Weise beeinflussen: Durch die Wahlentscheidungen, die wir treffen, die Forderungen, die wir an unsere Wahlkreisvertreter/innen und -kandidaten stellen, das Leser- und Zuschauerfeedback, das wir den Medien geben. Die Diskussionen und Gespräche, die wir online und offline mit unseren Mitmenschen führen, tragen ebenfalls dazu bei, Faktenwissen weiterzugeben, Vorurteile abzubauen sowie Bewusstsein für Missstände zu schaffen. Wenn genug Menschen das konsequent tun, wird das letzten Endes dazu führen, dass die Politik handeln muss.
FREIHEIT FÜR TIERE: Was kann jeder Einzelne tun, um Füchsen und den anderen Wildtieren in Wald und Flur zu helfen?
Dag Frommhold: Grundsätzlich brauchen wild lebende Füchse Distanz. Man sollte Füchse zum Beispiel nicht füttern oder sonst in die Nähe von Menschen oder Häusern locken. Damit nimmt man ihnen ihre Scheu vor dem Menschen, was dazu führen kann, dass sie als vermeintliche Problemfüchse getötet werden.
Aber es gibt Ausnahmen, in denen einzelne Füchse durchaus aktive Hilfe brauchen, z. B. wenn sie krank oder verletzt sind. In solchen Fällen sollte man immer eine fuchskundige Wildtierhilfe zu Rate ziehen. Und natürlich ist es sinnvoll, die Arbeit von Wildtierstationen und Organisationen, die sich dem Schutz von Füchsen widmen, zu unterstützen.
Die vielleicht wichtigste Form der Hilfe für Füchse kostet keinen Cent, und jeder kann sich daran beteiligen: Schweigen Sie nicht, wenn jemand Vorurteile verbreitet, Ängste vor Füchsen schürt oder ihre Bejagung propagiert. Geben Sie den Füchsen eine Stimme, sei es im Gespräch mit Verwandten oder in den sozialen Medien. Solche Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit im Kleinen wie im Großen ist wichtig für eine konfliktfreie Nachbarschaft von Mensch und Fuchs und trägt dazu bei, dass Füchse langfristig durch bessere Gesetze geschützt werden.
Das Interview mit Dag Frommhold führte Julia Brunke, Redaktion FREIHEIT FÜR TIERE