Interview mit Filmemacherin Nina Messinger
Nina Messinger,
Nina Messinger, geboren 1980 in Niederösterreich, widmete sich von 2012 bis 2015 der Verwirklichung ihres ersten Dokumentarfilmes "Hope for All. Unsere Nahrung - Unsere Hoffnung." Dafür gründete sie die Filmproduktionsfirma FME Media und interviewte in Europa, Indien und den USA zahlreiche führende Experten, um die Folgen unserer typisch westlichen Ernährungsweise aufzuzeigen. · Bild: www.hopeforall.at
und auf unseren Tellern!
Freiheit für Tiere: Für HOPE FOR ALL hast du vier Jahre deines Lebens investiert. Was war deine Motivation, diesen Film zu produzieren?
Nina Messinger: Der Fleisch- und Milchkonsum steigt und steigt. Gleichzeitig steigen die Qualen und das Elend der Tiere in den Tierfabriken und in den Schlachthäusern. Und auch die Umwelt wird durch die Fäkalien und die darin enthaltenen Chemikalien der Tierfabriken zerstört. Hinzu kommt der ständig steigende Bedarf an meist in Monokulturen und unter Einsatz von Gentechnik produzierten Futtermitteln, was die Natur ebenfalls in unvorstellbarem Ausmaß schädigt. Dies und das damit verbundene Landgrabbing wiederum lassen den Welthunger wachsen. Diese und weitere Zusammenhänge wollte ich vermitteln.
Ursprünglich habe ich den Film für die Tiere gemacht. Ich wollte aufzeigen, welches Leid sie durch unseren unreflektierten Egoismus ertragen müssen. Mein erster Antrieb, den Film zu machen, entsprang also dem Mitgefühl mit unseren Mitgeschöpfen und der Erkenntnis, dass man mehr tun muss, als nur an die Moral der Menschen zu appellieren. Je mehr ich mich mit der Materie befasste, desto mehr erkannte ich dann, wie sehr die Tierquälerei in den Tierfabriken, die Umweltvernichtung und unser eigenes Leid - etwa in Form unserer zerstörten Gesundheit - zusammenhängen. Ich begriff, dass das Leid der Tiere absolut unnötig ist, weil uns eine Fülle von ebenso leckeren wie gesunden Alternativen zu Fleisch, Milchprodukten und Eiern zur Verfügung steht. Und diese Alternativen bedeuten nicht etwa Verzicht, sondern Genuss und Gewinn, denn aus den einst tristen Reformlokalen und läden sind längst Gourmet-Tempel geworden, die selbst die anspruchvollsten Gaumen befriedigen, ohne unerschwinglich teuer zu sein.
Ich erfuhr in meinen zahlreichen Interviews unter anderen mit renommierten Ärzten und Ernährungswissenschaftlern, dass wir tierische Produkte für unsere Ernährung nicht nur nicht brauchen, sondern dass sie unserer Gesundheit schaden - zumindest in den Massen, in denen sie heute konsumiert werden. Das heißt, dass wir das Leid, das wir den Tieren antun und das auf uns selbst in Form von Umweltzerstörung und Gesundheitsschädigung zurückschlägt, augenblicklich stoppen können.
Das Verstehen dieser Zusammenhänge hat meine Motivation von einer moralisch-ethischen in eine aufklärerische verwandelt. Ich wollte, dass die Menschen den Zusammenhang zwischen Tierquälerei und Selbstzerstörung erkennen und begreifen, dass wir uns selbst etwas Gutes tun, wenn wir gut mit den Tieren umgehen und sie von einer beliebig misshandelbaren Ware wieder zu Lebewesen werden lassen, die um ihrer selbst willen und nicht zur Befriedigung unserer kurzsichtigen Interessen geschaffen wurden.
Die Welt zu einem friedlicheren Ort machen
Freiheit für Tiere: Wie ist es dir gelungen, so viele namhafte und führende Experten für HOPE FOR ALL mit Interviews vor die Kamera zu bekommen?
Nina Messinger: Ich war selbst erstaunt, wie einfach das war. Ich habe ihnen meine Ideen vorgestellt und meine bisherigen Erkenntnisse beschrieben und sie gebeten, mir dabei zu helfen, dem Ganzen ein wissenschaftliches Fundament zu geben und mein lückenhaftes Wissen zu korrigieren und zu bereichern. Dazu waren glücklicherweise alle, die ich in meinem Film unbedingt zu Wort kommen lassen wollte, bereit. Vermutlich liegt das daran, dass sie alle dafür brennen, diese Welt zu einem besseren, friedlicheren Ort zu machen. Menschen, die so sind, haben keine Allüren.
Freiheit für Tiere: In dem Dokumentarfilm werden auch Szenen von leidenden Tieren in der Massentierhaltung gezeigt. Bei der Produktion des Films musstest du diese Filmaufnahmen doch immer wieder sehen. Wie hast du das ausgehalten?
Nina Messinger: Ich gebe zu, dass ich dadurch viele schlaflose Nächte hatte. Doch Leid kann ein kraftvoller Motivationsfaktor sein, etwas dagegen zu tun. Das Elend dieser unschuldigen, außerordentlich empfindungsfähigen und intelligenten Kreaturen hat mich täglich neu motiviert und mir die nötige Kraft, Beharrlichkeit und Ausdauer gegeben, den Film trotz aller Herausforderungen und Hindernissen zu realisieren und an meiner Vision festzuhalten. Für mich selbst habe ich daraus gelernt, durch das Leid nicht in ein Gefühl der Ohnmacht und Resignation zu verfallen, sondern es als Triebkraft für Veränderung einzusetzen. Denn Leid ist immer ein mächtiger Motor für Veränderung.
etwas dagegen zu tun!"
Freiheit für Tiere: Die Informationen über die Auswirkungen der typisch westlichen Ernährung, die in HOPE FOR ALL ausführlich zusammengefasst sind, gehen jeden Menschen an sowohl was die Gesundheit, aber auch die Folgen für die Umwelt und vor allem die Tiere betrifft. Dr. Hermann Focke, langjähriger Leiter des Veterinäramts Cloppenburg, der Region mit der größten Tierdichte in Europa (in Massentierhaltung), bringt es auf den Punkt: Seit Bestehen der Menschheit hat es kein solches Ausmaß an Tierquälerei gegeben - sowohl was Quantität als auch die Intensität angeht - wie in unserer Zeit. JEDER sollte daher diesen Film sehen. Dennoch vermute ich, dass vor allem Menschen, die sich bereits mit dem vegetarischem oder veganen Lebensstil und Tierschutz beschäftigen, in die Kinovorstellung gehen oder die DVD kaufen. Was können wir alle dafür tun, damit diese wichtigen Informationen in die breite Masse der Bevölkerung dringt, also die Allesesser erreichen, die das Thema vor allem betreffen sollte?
Nina Messinger: Was den Film selbst betrifft, so besteht die Möglichkeit, Filmvorführungen zu organisieren, etwa in Schulen, Jugendtreffs, allen möglichen Begegnungsstätten und natürlich in den Kinos. Außerdem gibt es den Film als DVD und Blu-Ray, die sich als Geschenk eignen. Aber natürlich ist auch das eigene Vorbild wichtig: Einfach tun und andere zum Mitmachen verführen, ohne die Moralkeule zu schwingen, was nur Abwehr und Aggression erzeugt. Ein veganes Schlemmermenü in guter Stimmung und mit liebevoller Dekoration für Freunde, Kollegen und Nachbarn ist das überzeugendste Argument für eine Ernährungsumstellung.
Das Interview mit Nina Messinger führte Julia Brunke, Redaktion Freiheit für Tiere
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