Milchlobby scheitert vor EU-Kommission
Haben Sie sich schon mal gefragt, warum auf Hafermilch nicht die Bezeichnung »Hafermilch« drauf steht, sondern »Hafer-Drink«? Der Grund: Die Begriffe »Milch« und »Käse« für pflanzliche Alternativen zu Milchprodukten sind verboten und nur für Produkte erlaubt, die aus durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnenem Erzeugnis der normalen Eutersekretion bestehen. Nun sollte ein EU-Änderungsantrag die Restriktionen noch ausweiten: Der Antrag 171 sah vor, unter anderem Bezeichnungen wie Milchalternative oder vegane Alternative zu Joghurt zu verbieten. Doch am 21.5.2021 ist die Agrar-Lobby mit ihrem Versuch, den wachsenden Markt veganer Produkte zu bremsen, gescheitert.
Hätten die EU-Instanzen dem Änderungsantrag zugestimmt, wären selbst wissenschaftlich fundierte Umwelthinweise wie die Hälfte der CO2-Emissionen von Butter sowie bildlich dargestellter Milchschaum auf veganen Verpackungen nicht mehr erlaubt gewesen. Sogar wichtige Hinweise zu Allergenen, wie etwa »laktosefrei«, wären weggefallen.
Dahinter steckt die Fleisch- und Milchindustrie
Aber warum gibt es diese Debatte eigentlich? Die einfache Antwort: Wirtschaftsinteressen! Treibende Kraft hinter dem kaum nachvollziehbaren Vorschlag zur Gesetzesanpassung ist die Fleisch- und Milchindustrie. Sie behauptet angesichts des Veggie-Booms, Bezeichnungen wie »Veggie-Wurst« oder »vegane Joghurt-Alternative« wären Verbrauchertäuschung, da Kunden dahinter Fleisch und Milch anstatt Pflanzenprodukte vermuten würden.
Die wahre Verbrauchertäuschung findet allerdings auf den Verpackungen von Fleisch- und Milchprodukten statt: Hier sind glückliche Tiere auf grünen Wiesen abgebildet, die kleinbäuerliche und artgerechte Tierhaltung vorgaukeln - obwohl es sich in Wahrheit um Produkte aus Massentierhaltung handelt.
PETA fordert: Irreführende Werbung der Milch- und Fleischindustrie verbieten
Die Tierrechtsorganisation PETA fordert die Europäische Union auf, die irreführende Werbung der Milch- und Fleischindustrie in den Fokus zu rücken und zu untersagen.
»Die Milchlobby wirbt häufig mit Bildern von scheinbar glücklichen Kühen auf grünen Wiesen, während die Tiere meist in Ställe eingesperrt sind, gegen ihren Willen künstlich geschwängert und ihre Kinder ihnen kurz nach der Geburt entrissen werden«, erklärt Bettina Eick, Fachreferentin für Ernährung bei PETA. »Vor diesem Hintergrund ist es fast schon zynisch, dass Agrarverbände aus der Milchindustrie das geplante Verbot von nützlichen Begriffen für vegane Produkte mit Verbrauchertäuschung rechtfertigen. Der Änderungsantrag war nur ein erneuter Versuch der Milchlobby, das rasante Wachstum des Markts für vegane Produkte durch absurde Verbote zu bremsen.«
Leid der Kühe in der Milchindustrie
Eine Kuh gibt nur Milch, wenn sie ein Kind bekommt. Damit die Kuh immer Milch gibt, wird sie jedes Jahr künstlich befruchtet. Das Kälbchen wird der Mutterkuh kurz nach der Geburt weggenommen. Weibliche Kälber werden meist zu Milchkühen aufgezogen. Die männlichen Kälber werden vier bis sechs Monate lang gemästet, bis sie nach qualvollen Tiertransporten im Schlachthof enden. Ausgelaugt von den Dauerschwangerschaften und der völlig unnatürlich hohen Milchproduktion wird eine Milchkuh schon im Alter von nur durchschnittlich vier Jahren geschlachtet.
Milch: Verheerende Klima-Bilanz
Die Produktion von Fleisch- und Milchprodukten ist eine der Hauptursachen des Klimawandels. Das in der Rinder- und Milchkuhhaltung freigesetzte Methangas ist ein sehr starkes Treibhausgas, 25 Mal klimaschädlicher ist als CO2. Zudem werden für Weideflächen und Tierfutter die Regenwälder gerodet. Ein Liter Kuhmilch erfordert zwölf Mal mehr Landnutzung als die gleiche Menge Pflanzenmilch und verursacht dreimal so viele Treibhausgas-Emissionen. Butter ist sogar das klimaschädlichste Lebensmittel überhaupt.
Den Vereinten Nationen zufolge ist der globale Umstieg auf die pflanzliche Ernährung notwendig, um den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken.
Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass durch vegane Ernährung bis zum Jahr 2050 die Menge an Emissionen aus der Atmosphäre rückgängig gemacht werden könnte, die in 16 Jahren durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt wurde.
Veggie-Produkte boomen
Immer mehr Menschen kaufen daher vermehrt klimaschonende und tierleidfreie Alternativen statt Fleisch, Kuhmilch und Käse. Schon heute ist Pflanzenmilch aus Soja, Hafer, Mandel & Co. ein Milliardenmarkt. Hierzulande stammt bereits heute jeder zehnte Liter Milch aus Pflanzen. Allein in der EU und Großbritannien soll sich der Umsatz einer ING-Studie zufolge von 2020 bis 2025 von 3,4 auf 5,0 Milliarden Euro erhöhen. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group prognostiziert für 2035 eine Verfünffachung des globalen Absatzes veganer Milchprodukte auf 54 Millionen Tonnen.
Der schwedische Hafermilchhersteller Oatly wird an der US-Technologiebörse Nasdaq mit zehn Milliarden Dollar bewertet. 2020 hatten sich die Oatly-Umsätze weltweit mehr als verdoppelt auf 421 Millionen Dollar.
Das kalifornische Unternehmen Beyond Meat - berühmt für seine veganen Burger - bringt es auf einen Börsenwert von rund 8,3 Milliarden Dollar.
Rügenwalder Mühle macht inzwischen mit vegetarischen und veganen Fleischalternativen mehr Umsatz als mit klassischen Fleischprodukten. Für das Jahr 2020 meldete die Geschäftsführung ein Umsatzplus von 22 Prozent. Während die Geschäfte mit tierischen Produkten nur moderat zulegten, wurden die Erlöse in der Sparte für Veganes und Vegetarisches um fast drei Viertel gesteigert.
Quellen:
· Niederlage der Agrar-Lobby: Zensur-Antrag gegen vegane Produkte abgelehnt. PETA, Mai 2021
· Rügenwalder Mühle: Umsatzplus von 22 Prozent - vor allem durch fleischlose Produkte. Redaktionsnetzwerk Deutschland, 27.4.2021
· Das Hafermilch-Imperium aus Schweden. tagesschau.de, 20.5.2021