Stoppt das Grindwal-Schlachten vor den Färöeren!
Wussten Sie, dass mitten in Europa Jagd auf Wale gemacht wird? An den Stränden der Färöer-Inseln, die die nördlich von Großbritannien im Nordatlantik liegen und zum Hoheitsgebiet von Dänemark gehören, wurden 2017 insgesamt 1.672 Meeressäuger (1.203 Grindwale, die zu den Delfinen zählen, und 469 Weißseitendelfine) in 24 Treibjagden abgeschlachtet - so viele wie noch nie seit 20 Jahren. Die Grindwaljagd wird auf den Färöeren als Sport mit Volksfestcharakter betrieben. Die Bilder davon schockieren die Welt: Ganze Buchten färben sich blutig rot...
Als die weltweiten Walbestände an den Rand der Ausrottung gelangten, beschlossen die Mitgliedsstaaten der Internationalen Walfangkommission IWC 1982 ein Verbot des kommerziellen Walfangs, das seit 1986 in Kraft ist. Japan macht bekanntlich trotz des Verbots Jagd auf Wale und Delfine. Inbegriff des Schreckens ist die Bucht von Taiji, die durch den oscarprämierten Film Die Bucht traurige Berühmtheit erlangte. Doch auch in Europa finden blutige Jagden auf Wale und Delfine statt: Norwegen und Island erkennen das Walfangverbot nicht an und setzen den kommerziellen Walfang fort. Auf den Färöer Inseln, die zu Dänemark gehören, sind regelmäßige Treibjagden auf Grindwale (die zu den Delfinen zählen) und andere Delfinarten blutige Realität - als eine Art Volkssport.

Grindwale, auch Pilotwale genannt,
zählen zu den Delfinen. Grindwale leben wie die meisten Delfine in Gruppen, die als Schulen bezeichnet werden. Ihr ausgeprägtes Sozialverhalten und lange Stillzeiten von über drei Jahren deuten darauf hin, dass sie eine vergleichbar hohe kognitive Entwicklung wie die Großen Tümmler erreicht haben. Ihr Sozialverhalten kann den Grindwalen auch zum Nachteil werden: Wird eines der Tiere verwundet, schwimmt es in Panik davon. Die gesamte Schule folgt dem verletzten Tier, wobei sie oft in flaches Wasser gerät, wo sie sich nicht mehr orientieren können. · Bild: Fabian Faber fotolia.com

Bei der Waljagd in den Buchten
vor den Färöer-Inseln werden Grindwalgruppen, auch Walschulen genannt, mit Booten in knietiefes Wasser getrieben und die Fluchtwege abgeschnitten. Dann stürzen sich die mit Metallhaken bewaffneten Hobby-Jäger auf die Grindwale. Die eigentliche Tötung der Meeressäuger erfolgt mit einer Lanze. · Bild: Sea Shepherd

Am 22. Mai fand die erste Grindwaljagd 2018
auf den Färöer Inseln statt. Am Strand von Sydrugøta wurden 145 Grindwale abgeschlachtet. Grindwale und Weißseitendelfine sind im zweiten Anhang der Berner Konvention als »strengstens geschützt« klassifiziert. · Bild: Sverri Egholm · www.facebook.com/OpBloodyFjords/
Die Grindwaljagd ist auf den Färöer-Inseln eine alte Tradition, ähnlich dem Stierkampf in Spanien. Die jährliche Treibjagd wird als Sport betrieben, ist für die Einwohner ein schützenswertes Kulturgut und zu einer Art Volksfest geworden. Ganze Familien machen mit, sogar die Kinder sind dabei. Für die jungen Burschen auf den Färöer-Inseln ist die Tötung des ersten eigenen Wals so etwas wie der Eintritt in die Männerwelt.
Wenn eine Gruppe von Grindwalen oder anderen Delfinen in den Fjorden zwischen den 18 zerklüfteten Inseln gesichtet wird, verbreitet sich die Nachricht per SMS, Telefon und Radio wie ein Lauffeuer. Die Menschen verlassen sogar ihren Arbeitsplatz, um an die Strände zu eilen. Mit Motorbooten und Jet-Skis werden die Wale in eine der 25 offiziellen Fangbuchten getrieben: So genannte Fastakast, die an Seilen hinter den Booten hergezogen werden, erzeugen sirenenähnliche Geräusche und versetzen die Wale in Panik. Steine werden ins Wasser geworfen, um das natürliche Sonar der Tiere zu irritieren.
Dann beginnt das Grindadráp - das Walschlachten. Im knietiefen Wasser stürzen sich bis zu mehrere Hundert mit Metallhaken bewaffnete Männer auf die Grindwale und andere Delfine. Die Jäger treiben die Metallhaken in den Körper oder in das empfindliche Blasloch, um die Tiere daran an Land zu ziehen. Die eigentliche Tötung erfolgt mit einer Lanze, mit der das Rückenmark im Nacken und die Halsschlagader durchtrennt werden. Ganze Buchten färben sich durch das Schlachten rot... Die meisten Opfer sind Grindwale und Weißseitendelfine, aber auch Große Tümmler, Weißschnauzendelfine und Schweinswale.
Das Wal- und Delfinfleisch wird an die Färinger Bevölkerung kostenlos verteilt und in Restaurants und auf Märkten an Touristen verkauft. Dabei warnt sogar die Gesundheitsbehörde der Färöer-Inseln vor dem Verzehr des mit Quecksilber, PCB's und DDE-Giften verseuchten Fleisches.
so viele wie seit 20 Jahren nicht
Die Treibjagden auf Grindwale und andere Delfine - von den Einwohnern Grindadráp (wörtlich übersetzt: Grindwaltötung) genannt - finden mehrmals im Jahr statt und werden seit dem 24. Juni 1584, bis auf eine Lücke in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert, genau dokumentiert. Daher kann genau nachvollzogen werden, wie viele Wale in den Buchten der Inseln geschlachtet worden sind.
Im letzten Jahr, vom 21. Mai bis 29. Oktober 2017, wurden 1.203 Grindwale und 469 Weißseitendelfine getötet, also insgesamt 1.672 Wale und Delfine in 24 Treibjagden. Dies ist die höchste Zahl seit über 20 Jahren ist. Denn zuletzt wurden im Jahr 1996 mit 1.700 Walen mehr Meeressäuger getötet. Im Schnitt beträgt der jährliche Fang etwa 850 Grindwale. Damit stellt die Walfang saison 2017 einen traurigen Höhepunkt seit zwei Jahrzehnten dar.
Grindwale und Weißseitendelfine sind im zweiten Anhang der Berner Konvention als strengstens geschützt klassifiziert, ebenso wie Schweinswale, Weißschnauzendelfine und Große Tümmler, die auch dem Grindadráp zum Opfer fallen.
Die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd hat im Mai 2017 mit formeller Unterstützung von 27 Mitgliedern des Europäischen Parlaments und den Unterschriften von über 250.000 Bürgerinnen und Bürgern Klage bei der Europäischen Kommission eingereicht, um ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Dänemark wegen Unterstützung des Abschlachtens von Grindwalen und anderer Wale auf den Färöern einzuleiten. Im September 2017 erhielt die Meeresschutzorganisation die Antwort der Kommission, dass sich die Färöer außerhalb der Europäischen Union befinden und daher nicht den internationalen Verträgen, die den Walfang verbieten, unterliegen .

Grindwale sind im Vergleich zu Orcas und
den Großen Tümmlern noch wenig erforscht. »Ihre Verwandtschaft mit Großen Tümmlern und Orcas sowie ihr Sozialverhalten und lange Stillzeiten von über drei Jahren deuten darauf hin, dass sie eine vergleichbar hohe kognitive Entwicklung erreicht haben«, erklärt der Meeresbiologe Dr. Karsten Brensing in seinem Buch »Das Mysterium der Tiere«. Hirnanatomische Untersuchungen hätten allein im Neocortex circa 37 Milliarden Nervenzellen gezählt. Zum Vergleich: Der Neocortex (die äußere graue Schicht der Großhirnrinde) des Menschen besteht aus circa 19 bis 23 Milliarden Nervenzellen. »Für jeden, der auch nur im Entferntesten in Erwägung zieht, dass Grindwale ihrer selbst bewusste, mitfühlende und planvoll handelnde Individuen mit einer Vorstellung von Raum und Zeit sind, ist die blutige Kultur der Grindwaltreibjagd eine abscheuliche Gräueltat«, so der Wissenschaftler. · Bild: Mario Müller CC BY-SA 2.0
Widerstand gegen die Grindwaljagd
Internationale Tierschützer kritisieren die Grindwaljagd seit Jahren als grausam und unnötig. Allen voran das Wal- und Delfinschutzforum WDSF und Sea Shepherd, die durch ihre Operation Grindstop bereits seit über 30 Jahren energisch für ein Ende der Jagd eintreten. Dazu gehört hauptsächlich die Patrouille mit Schiffen vor den Küsten. Sobald die Meeresschützer merken, dass sich eine Walschule einer färöischen Bucht nähert, versuchen sie, diese umzuleiten - oder die Jagdboote davon abzuhalten, die Fluchtwege der Wale abzuschneiden.
Das deutsche Auswärtige Amt warnt in den Allgemeinen Reiseinformationen (Stand 29.12.2017) vor dem Eingreifen von Personen auf den Färöer-Inseln bei einer Grindwaljagd. Bei Verstößen gegen Anweisungen der Färöer-Behörden sei mit Geld- und Haftstrafen zu rechnen.
Auf den Färöer-Inseln wird internationale Kritik als Einmischung in nationale Angelegenheiten empfunden. Viele Bewohner beharren auf ihrem Recht, Wildtiere jagen zu dürfen. Dabei sind die Fähringer nicht auf das Töten von Walen und Delfinen angewiesen. Der Lebensstandard der rund 48.000 Einwohner ist hoch. Die Lebensmittelläden verfügen über ein umfangreiches Angebot an Lebensmitteln. Doch kulturell sehen viele im Grindadráp einen Teil ihrer Identität.
Längst hat das Festhalten an dem mittelalterlich anmutenden Walschlachten sogar negative Auswirkungen auf die Wirtschaft: Aufgrund von jahrelangen Kampagnen des Wal- und Delfinschutz-Forum WDSF hat der Färöer-Tourismus einen empfindlichen Rückschlag erlitten: Die großen Kreuzfahrtunternehmen AIDA, Costa Crociere, HapagLloyd, TUI Cruises und TransOcean laufen die Färör-Inseln nicht mehr an. Die Anzahl der fehlenden Gäste dieser großen Kreuzfahrtunternehmen hat sich inzwischen auf einen jährlichen fünfstelligen Bereich erhöht. Mit dazu beigetragen hat übrigens auch Rockstar Udo Lindenberg, der auf einem Kreuzfahrtschiff des Reiseunternehmens Tui Cruises seine Rockliner-Shows veranstaltet und sich den Protesten des WDSF gegen das jährliche Wal-Abschlachten medienwirksam angeschlossen hat.
Auch Sie können Ihren Teil beitragen, indem Sie sich einer Online-Petition gegen das Walschlachten auf den Färöer-Inseln anschließen! Links dazu finden Sie im Info-Kasten.
Weitere Informationen:
Sea Shepherd Deutschland e.V. |