Verlängerung Ferkelkastration verfassungswidrig
Rechtsgutachten: Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration verfassungswidrig
Ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. iur. Anne Peters LL.M. (Harvard), Direktorin des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, kommt zu dem Ergebnis: Die Fortsetzung der betäubungslosen Kastration von Ferkeln ist verfassungswidrig. Die Tierrechtsorganisation PETA appelliert an die Regierungen der Länder und die Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE sowie FDP, die Entscheidung der Bundesregierung über die Fristverlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration bundesverfassungsgerichtlich prüfen zu lassen.
Das Rechtsgutachten zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung der betäubungslosen Kastration männlicher Ferkel durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 17.12.2018 wurde von Prof. Dr. iur. Anne Peters gemeinsam mit Dr. Christian Arleth, Syndikusrechtsanwalt bei der Tierrechtsorganisation PETA, auf einer Pressekonferenz am 14. März 2019 in Berlin vorgestellt. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die gesetzliche Zulassung der Fortsetzung der betäubungslosen Kastration verfassungswidrig ist.
Die Tierrechtsorganisation PETA lässt das Rechtsgutachten den Regierungen der Bundesländer zukommen und appelliert an die Politiker, die Fristverlängerung vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen.
Verletzung des Staatsziels Tierschutz
Im Fall der nochmaligen Fristverlängerung für die betäubungslose Kastration hat der Gesetzgeber das Staatsziel Tierschutz offensichtlich verkannt und hat es zu gering gewichtet im Vergleich zu den Grundrechten der Landwirtschaftsunternehmer, die auch auf dem Spiel stehen. Der Gesetzgeber hat außerdem die Tatsachen nicht richtig ermittelt und die vorhandenen Alternativen nicht ausreichend geprüft - und all das ist verfassungswidrig , erklärt Prof. Dr. iur. Anne Peters, Direktorin des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Das Gutachten liefert Argumente, um zum Beispiel ein Verfahren anzustrengen, was letztlich vor dem Bundesverfassungsgericht landen könnte. Das Bundes verfassungsgericht könnte das Gesetz für verfassungswidrig erklären, wegen Verletzung des Staatsziels Tierschutz.
2013 hatte der Bundestag eine verbindliche Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2018 beschlossen. Ab Januar 2019 sollte die betäubungslose Kastration von Ferkeln verboten sein. Dagegen lief die Agrarlobby Sturm: Die Frist könne nicht eingehalten werden. Dabei hatte die Agrarindustrie 5 Jahre Zeit! Um die Frist um zwei weitere Jahre zu verlängern, wurde mit der Mehrheit der Abgeordneten der CDU, CSU, SPD und der AfD am 17.12.2018 das Tierschutzgesetz geändert. PETA weist darauf hin, dass der Agrarausschuss und der Bundestag dem Gesetzentwurf zur Fristverlängerung zustimmten, obwohl der Juraprofessor Dr. Jens Bülte als Sachverständiger des Agrarausschusses zu dem Ergebnis kam, dass eine weitere Verlängerung verfassungswidrig wäre: Laut Artikel 20a Grundgesetz (Tierschutz als Staatsziel) sei ein sofortiges Verbot der betäubungs losen Kastration unvermeidlich, da der Schutz des Verfassungsgutes anders nicht gewährleistet werden könne.
Das neue Rechtsgutachten bestätigt die Verfassungswidrigkeit der Fristverlängerung und beleuchtet insbesondere den Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gut des Tierschutzes aus Artikel 20a des Grundgesetzes, der Tiere vor unnötigen Leiden und Schmerzen schützen soll. Bei der betäubungslosen Kastration von jährlich 20 bis 25 Millionen männlicher Ferkel handelt es sich dem Gutachten zufolge um einen zu gravierenden Schmerzen und Leiden führenden, schwerwiegenden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Tiere .
Neben der Verfassungswidrigkeit der Fristverlängerung selbst und der andauernden tierschutzwidrigen Praxis erklärt das Gutachten auch den Verstoß gegen das Optimierungsgebot: Indem der Gesetzgeber die betäubungslose Kastration weiterhin zulässt, verstößt er gegen seine Pflicht, den Tierschutz bestmöglich zu fördern und umzusetzen.
Wir hoffen, dass die Regierungen der Bundesländer oder ein Viertel der Mitglieder des Bundestags die Rechtslage vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen , so Dr. Christian
Arleth, Syndikusrechtsanwalt bei PETA.
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