Wissenschaftliche Studie: Ausstieg aus der Nutztierhaltung - »Landwirtschaft neu denken«
Landwirtschaft ohne Nutztierhaltung birgt großes Potenzial: In der Studie »Landwirtschaft neu denken« haben Wissenschaftler der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin untersucht, wie das Ernährungssystem zukunftssicher transformiert werden kann. Prof. Dr. Jan Wirsam und sein Team stellen darin komprimiert auf 30 Seiten und auf der Basis von mehr als 300 Studien und wissenschaftlichen Quellen Szenarien vor, wie der vegane Ökolandbau das Agrarsystem verändern könnte.
Eine Senkung der Treibhausgas-Emissionen um 84 % (!) auf 6,1 Millionen Tonnen jährlich wäre möglich. Hinzu kommt: Durch Wegfall der Produktion von Futtermitteln wären statt derzeit 14 Millionen Hektar nur 5 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Flächen nötig - fast zwei Drittel weniger! Auf frei werdenden Flächen könnte wieder mehr Artenvielfalt entstehen und Wälder, welche Hitze, Dürre und Grundwasser-Knappheit entgegenwirken.
In Auftrag gegeben wurde die Forschungsarbeit von der Tierrechtsorganisation PETA. Prof. Dr. Jan Wirsam und Dr. Vera Christopeit, Rechtsreferentin bei PETA, haben die Studie persönlich im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft übergeben. PETA appelliert an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, die Empfehlungen der Studie zeitnah umzusetzen.
Das Forschungsteam der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin kommt in der Studie zu dem Ergebnis: »Der vegane Ökolandbau stellt einen Lösungsweg dar, der die Ernährung der Menschheit heute und auch im Jahr 2100 sicherstellen kann. Jede einzelne Person kann bereits heute einen Beitrag zum Ernährungs- und Agrarwandel leisten, indem er oder sie bei der Auswahl von Lebensmitteln in Zukunft nur noch vegane Produkte konsumiert.«
Der Zusammenhang von Ernährung, Gesundheit, Umwelt, Artenvielfalt und Klima auf 457 Seiten
Jan Wirsam, Claus Leitzmann: Die Vermessung der Ernährung |
Wir verbrauchen rein rechnerisch drei Erden zur Deckung unseres Jahresbedarfs an Ressourcen. Nur ein Bruchteil des in der Massentierhaltung verfütterten Getreides und Sojas wird in Fleisch und Milchprodukte umgewandelt.
Für ein Kilo Rindfleisch werden 15.000 Liter Wasser benötigt. Hinzu kommt: Riesige Güllemengen mit Nitrat, Antibiotika und Keimen vergiften Gewässer, Böden und Luft. · Bild: PETA
Über zwei Milliarden Euro Subventionen könnten in Deutschland eingespart werden
Um das Transformationspotenzial in der Landwirtschaft aufzuzeigen, analysierten die Wissenschaftler die Effekte einer tierfreien und ökologischen Landwirtschaft auf die Umwelt, die Nutzung der Landflächen und auf die Gesundheit. Auch die Kosten und den zeitlichen Rahmen für eine Umstellung auf veganen Ökolandbau wurden in der Studie berechnet. Subventionen in Höhe von über zwei Milliarden Euro könnten pro Jahr in Deutschland eingespart werden. Hundert Prozent des Tierleids in der Landwirtschaft würde zudem verhindert werden.
Die Fähigkeit der Natur, sich zu erholen
Deutschlands berühmtester Förster und Bestseller-Autor Peter Wohlleben (»Das geheime Leben der Bäume«) gibt in der Studie die Empfehlung, frei werdenden landwirtschaftliche Flächen wieder der Natur zu übergeben. Dies würde nicht nur die Artenvielfalt und Lebensqualität der Menschen erhöhen, sondern auch dem Klimawandel mit Wetterextremen wie Hitze und Dürre sowie Grundwasserknappheit entgegenwirken: »da Wälder im Durchschnitt die Temperatur im Vergleich zu landwirtschaftlicher Fläche um zehn Grad herunterkühlen und es signifikant mehr regnet, wenn es intakte Wälder gibt. Die Fähigkeit der Natur, sich zu erholen, ist überall möglich.«
Veganer Ökolandbau als Lösung für nachhaltigen Klimaschutz
Deutschland hat sich im neuen Klimaschutzgesetz sowie bekanntlich in mehreren internationalen Abkommen verpflichtet, den Klimaschutz zu gewährleisten. Wird eine ökologische Landwirtschaftsform ohne Tierhaltung und ohne Gülledüngung stärker gefördert, können die landwirtschaftlichen Emissionen zeitnah, nachhaltig und effizient gesenkt werden. Pflanzliche Lebensmittel sparen im Vergleich zu tierischen Produkten zahlreiche Ressourcen. Sie haben eine bessere Klimabilanz, können weitaus umweltschonender produziert werden und leisten damit den größten Beitrag zum Klimaschutz.
»Die derzeitigen Probleme, die durch die tierhaltende Landwirtschaft verursacht werden, sind offensichtlich und gut erforscht«, so Prof. Dr. Markus Keller in seinem Vorwort.
Industrielle Tierhaltung bedroht unsere Lebensgrundlagen
Dr. Markus Keller, Professor für vegane Ernährung vom Forschungsinstitut für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE) weist in seinem Vorwort zu der Studie auf die massive Schädigung unserer Lebensgrundlagen durch industrielle Tierhaltung hin: »Der massive Einsatz von Pestiziden gefährdet die globale Biodiversität und hat potenziell negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Monokulturen und die ungebremste Abholzung von großen Amazonas-Urwaldgebieten für Futter- und Weideflächen tragen zur Beschleunigung des Klimawandels bei.« Energieeinsatz und Treibhaus-Emissionen für die Produktion von Fleisch, Milch und Eiern stehen in keinem angemessenen Verhältnis zu den gewonnenen Nahrungskalorien und Nährstoffgehalten, erklärt der Ernährungswissenschaftler.
Um dem weiteren Überschreiten der Belastungsgrenzen unseres Planeten entgegenzuwirken, müssten ökologische Entwicklungen in eine positive Richtung gelenkt werden. So könnte der Klimawandel gemildert, irreparable Verluste der Biodiversität gestoppt und der Schadstoffeintrag in die Umwelt massiv gesenkt werden.
Appell an Politik: Wir müssen jetzt handeln!
»In der landwirtschaftlichen Tierhaltung kommt es täglich zur massiven Ausbeutung von Tieren, Menschen und unserer Umwelt. Gleichzeitig erlaubt die Klimakatastrophe keine langen Wartezeiten. Wir müssen deshalb jetzt handeln«, so Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin bei PETA. Die Tierrechtsorganisation PETA appelliert an die Politik, die Empfehlungen der Studie zeitnah umzusetzen.
Jan Wirsam, Benedikt Wander, Kevin Röhl: LANDWIRTSCHAFT NEU DENKEN Wie wir unser Ernährungssystem konsequent und zukunftssicher transformieren. Broschüre A4, 40 Seiten |