Von Tom Putzgruber, RespekTiere e.V.

Fohlen-Versteigerung im Salzburger Land. Wieder haben sie sich eingefunden, Pferdezüchter und Pferdehändler, um Leben zu kaufen und zu verkaufen - ungeachtet der späteren Schicksalsbestimmung und fatalen Auswirkung dieser Geschäfte auf das geknechtete Mitgeschöpf. Denn die allermeisten der hier ausgestellten Jungtiere sind unweigerlich zum Tode verurteilt. Nur ganz wenige und besonders schöne Elitetiere werden die nächsten Wochen überleben - um dann den grausamen Kreislauf als Zuchtmaschinen von vorne zu starten.

Auf all die anderen wartet ein grausames Schicksal. Die Fahrt im Tiertransporter - entrissen den verzweifelten Müttern, hilflos gefesselt, ungehört ihrer Schreie - wird gleichzeitig ihre letzte sein. Sie mündet direkt in eine Mastanstalt oder in den Schlachthof. Von einer Sekunde auf die nächste jäh herausgezerrt aus der brüchigen Idylle einer scheinbaren Bauernhof-Romantik: Denn diese herzallerliebsten Geschöpfe wurden nur aus dem Grund geboren, um Urlauber anzulocken - als Werbebotschaft einer nicht existenten heilen Welt . Und im Herbst werden die süßen Fohlen als ungeliebte Mitesser dem Tode ausgeliefert.
Im Herbst gibt es in Österreich und in Bayern die vielen Fohlenversteigerungen. Rund um die Versteigerungsarena hat sich im Laufe der Jahre ein reger Handel etabliert. Es gibt dort allerlei zu kaufen, angefangen vom putzigen Plüschpferd bis hin zur Reitpeitsche, vom Sattel bis zur Reiterbekleidung. Auch für das leibliche Wohl der Besucher wird ausreichend gesorgt: In einem großen Zelt können mit Bier und Würsten Durst und Hunger der Besucher gestillt werden.

An Durst und Hunger leiden auch die Pferde; dieses Leid geht allerdings unter im dröhnenden Festtagsgetöse. Es ist ein einsames Leiden, ein unbeachtetes. Die Fohlen wirken verschreckt, zum ersten Mal in ihrem noch so jungen Leben weggezerrt vom gewohnten Umfeld, angestarrt, festgehalten von einem viel zu kurzen Seil; den Blicken der Menschen ohne Ausweichmöglichkeit ausgeliefert. Tausend Hände, die sie betasten. Nervosität liegt in der Luft, Angst und Schrecken spiegelt sich in ihren Augen.

Sehr viele der Pferdemütter haben diesen Wahnsinn schon öfter mitgemacht. Sie wissen: Ihre Fohlen werden ihnen entrissen, weggekarrt ins Ungewisse. Sie kennen die Unberechenbarkeit, welche vom Wesen auf zwei Beinen ausgeht; sie haben sich dieser Gewalt längst gefügt. Wer, so fragt man sich stumm, kann ihr Leid nachvollziehen?

Pünktlich gegen Mittag beginnen die Verladungen. Das Geschrei trauernder Mütter sowie weinender Fohlen übertönt die festzeltartige Lärmkulisse.

Unglaublich: Österreichische Pferdezüchter starten Kampagne für Pferdefleisch

Die Pferdezüchter Österreichs starteten kürzlich ihre Kampagne Pro Ross und Rösselfleisch . Tatsächlich wird nun, im 21. Jahrhundert, plötzlich wieder vermehrt Fohlenfleisch propagiert - es wird als schmackhaft und gesund angepriesen. Dabei wird der Tierschutzgedanke auf das Widerwärtigste missbraucht werden, denn die Pferdezüchter versuchen die Initiative in ein gar scheinheiliges Licht zu stellen: Wir gehen den Weg der Tierschützer. Wir wollen dazu beitragen, dass die Transporte nach Italien ein Ende haben und die Fohlen statt dessen bei uns regional geschlachtet werden. - Dass Tierschützerinnen und Tierschützer dafür kämpfen, Leben zu erhalten statt Schlachthöfe - egal ob weiter entfernt oder nah gelegen - zu propagieren, diese Selbstverständlichkeit dürfte dabei entfallen sein...

Aber sei's drum, es genügt ohnehin nur ein Augenblick des Nachdenkens, um eine solche Aussage ins Absurdum zu führen - eine Aussage, welche jedem mitfühlenden Menschen die Zornesröte ins Gesicht treiben muss. Was versucht man uns hier mitzuteilen? Esst regional mehr Tierkinder und erspart ihnen damit Transportqualen? - Dem Gedanken, Transporte zu verkürzen, könnte man ja vielleicht etwas abgewinnen (obwohl die Lösung eine viel einfachere wäre: kein Fleisch essen, dann würde sich diese Diskussion sofort erübrigen!), aber wie präsentiert sich dieser Einfall in Anbetracht marktwirtschaftlicher Aspekte? Soll nicht mit dem Vorgehen der Pferdezüchter ein neuer finanzkräftiger Markt gesucht und geschaffen werden? Will man uns glauben machen, dass dann keine italienischen Pferdehändler mehr zu den Versteigerungen kommen, weil ja Fohlen jetzt direkt in Österreich geschlachtet werden? Und hat nicht der Zuchtverband jahrelang den Protesten der Tierschützer entgegnet, dass die meisten Pferde sowieso im Land bleiben und nur ganz wenige in den Süden verfrachtet würden? Woher stammt dann plötzlich diese neue Einsicht?

Ohne Frage: Der Zuchtverband sucht veränderte Möglichkeiten des Vertriebes, ein neues Standbein für weitere, dann noch ungehemmtere Züchtung - geht die Rechnung auf, würden die Pferdezüchter ja wissen, es gibt ein weiteres Spektrum für den Absatz', die Zucht wird mehr und mehr zum lohnenden Geschäft! Frau Kaswurm, eine von 1.400 Pferdezüchtern im Land, sagt in einem Interview gegenüber den Salzburger Nachrichten: Wir sind ein Verfechter davon (dass Fohlenfleisch auf dem Küchentisch steht, Anm.). Die Leute müssen umdenken. Es gibt keinen moralischen Unterschied, ob ich Kalb oder Fohlen esse.

Moralischer Fortschritt?

Es ist weniger eine Frage der Moral, sondern die Tatsache an und für sich - Tierkinder essen zu wollen -, die befremdet! Und: Wenn dem so wäre, wie Frau Kaswurm behauptet, gibt es dann einen moralischen Unterschied, ob ich Kalb- oder Fohlenfleisch... oder Hunde- und Katzenfleisch esse?

Es gibt sehr wohl eine Differenzierung, eine sehr, sehr wichtige: Das Essen einer bestimmten Tiergattung - in diesem Fall: Fohlen - war über Jahrzehnte hinweg verpönt und rückte zunehmend aus den Köpfen der Menschen. Damit wurde ein moralisches Bewusstsein geschaffen, auf welches zukünftige Generationen ein Fundament bauen können: Hunde und Katzen isst man nicht, Pferdefleisch ist auch verpönt, dann - vielleicht in einigen Jahren - Kaninchenfleisch... und irgend wann isst man auch keine Kälbchen und auch kein Schweinefleisch.

Dies ist ein Prozess, der den moralischen Fortschritt der Spezies Mensch markiert, den Übergang vom Barbaren zum Modernen, nicht zuletzt dadurch eines Tages vielleicht Krieg und Blut und Mord hinter sich lassend, Platz machend für Güte und Liebe.


So lange es Schlachthäuser gibt, so lange wird es auch Schlachtfelder geben!


Dieser Satz stammt von dem Dichter Leo Tolstoi - und es liegt so viel Wahrheit in dieser Aussage. Was sagt unser Gewissen zum Verzehr von Tierkindern? Kinder, welche ebenso Hoffnung, Liebe, Vertrauen, Schmerz, Angst und Pein empfinden wie vielleicht unsere eigenen? Was sagt unser Gewissen zu dem Gedanken, dass diese herzallerliebsten Wesen panikerfüllt von brutalen Arbeitern aus einem LKW getrieben werden, um im Blut und in der Gewalt des Schlachthofes zu versinken? Und wofür? Für die kurze Gaumenfreude ? Löst dieser Gedanke nicht beklemmende Assoziationen aus?

Fohlenfleisch zu propagieren ist ein Verrat an einer Grundidee, an einer Entwicklungsstufe hin zum Besseren, an einem Friedensprozess, der seit Jahrzehnten im Gange ist; es ist ein Rückschritt der seinesgleichen sucht. In einem Interview mit dem ORF zu diesem Thema sagte ein Pferdefleischverfechter - ein Gastwirt - sinngemäß: Es gibt sehr viele, die Pferdefleisch probieren wollen, speziell Ältere. Jugendliche sind schwieriger zu überzeugen, speziell die Mädchen, die eben auch sehr viel Verbindung mit Pferden haben. Dann fällt es natürlich schwer, die auch zu überzeugen. Aber wir hoffen, dass wir in Zukunft das auch noch forcieren können. Dieser Gastwirt meint also, wir sollen uns bemühen, der Jugend - und speziell den Mädchen, welche Pferde lieben - den Verzehr von Pferdefleisch nahe zu bringen... Wie in Großmutters Zeiten, als den Kindern tausendmal wiederholt und vorgekaut wurde, wie gesund Fleisch sei und dass man das unbedingt essen müsse, um körperlich und geistig fit zu bleiben... - Eine Vorstellung, die von modernen Zivilisationskrankheiten längst ins Absurdum geführt wurde und einer ganzen Generation mit dieser Fehl-Prägung wahrscheinlich sehr geschadet hat...

Vom Pferd zur Salami

Dieses Pferd ist zum Tode verurteilt: Sein Besitzer will es nicht mehr haben und verkauft es an den Pferdemetzger.

In Deutschland gibt es 66 Pferde-Schlachtbetriebe. Die Schlachtung geht genauso vor sich wie bei einem Rind: Mit dem Bolzenschuss ins Gehirn wird das Pferd betäubt. Dann wird es am Bein aufgehängt. Der Pferdemetzger schneidet die Kehle auf, das Blut läuft heraus. Das Pferd stirbt durch Verbluten.

Nun schneidet der Schlächter die Hufe ab. Anschließend wird der Körper der Länge nach aufgeschnitten und das Fell abgezogen.
Ein Pferdemetzger aus Bayern wirbt im Internet: Sieht man die begrenzten Ressourcen unserer Welt, so ist es doch einsichtig, dass gerade ein Tier, das ohne künstliche Futterzusätze und Massentierhaltung leben darf, als wertvolles Nahrungsmittel zu verwenden ist, wenn sein Nutzen nicht anderweitig bestimmt wird.

Hier wird der Kopf vom Körper des Pferdes abgeschnitten.

Nun ist das Pferd enthäutet und kann zerlegt werden.
Aus der Pferdehaut werden Taschen und Schuhe hergestellt.
Im EU-Recht gilt das Pferd als Lebensmittel lieferndes Tier. Geschlachtet werden Ausschussfohlen , Rennpferde, die nicht schnell genug sind, Reitpferde, die niemand mehr will oder Pferde mit kranken Hufen. In Deutschland werden jährlich über 10.000 Pferde geschlachtet, in Österreich etwa 1.000. Viele Ausschussfohlen - sie sind gerade mal vier bis sechs Monate alt - werden jedoch mit Schlachttransporten ins Ausland, z.B. nach Italien, gekarrt und dort geschlachtet.

Aus Pferdefleisch wird nicht nur Salami hergestellt, sondern auch Schinken, Schinkenfleischwurst, Mettwurst und Fleischkäse.