Hühner in der Massenhaltung

Ein Blick hinter die Kulissen

Bild: PETA

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Fast jedes zweite in Deutschland geschlachtete Hähnchen kommt von WIESENHOF. Der Konzern dahinter, die PHW-Gruppe, produziert mehr als 270 Millionen Hühner pro Jahr, jede Woche werden etwa 4,5 Millionen Hähnchen geschlachtet.
Das Geflügel-Unternehmen wirbt mit dem Bauernhof-Image: Auf dem Logo ist ein romantischer niedersächsischer Fachwerkhof, um geben von Bäumen und grünen Wiesen, zu sehen. Viele der WIESENHOF-Geflügelprodukte haben eine wiesengrüne Verpackung. Bei den Bio-Hähnchen ist sogar saftiges grünes Gras auf der Verpackung abgebildet. Da scheint doch die Hühnerwelt noch in Ordnung zu sein? Und wir können uns das Brathähnchen und die Geflügelwurst ohne Gewissensbisse schmecken lassen?


Mit der Sendung System Wiesenhof - Wie ein Geflügelkonzern Menschen, Tiere und Umwelt ausbeutet schreckte das ARD-Fernsehmagazin Report Mainz 2011 die Nation auf. Zur besten Sendezeit wurden tierquälerische Zustände gezeigt, Massen von Hühnern auf engstem Raum, im eigenen Dreck.
Insider deckten Mängel bei der Hygiene und ausbeuterische Arbeitsbedingungen auf. Offenkundig soll mit einem Minimum an Mitteln ein Maximum aus der Wegwerfware Tier im wahrsten Sinne des Wortes herausgeholt werden.

Was hier geschieht, ist keine Ausnahme, sondern die Regel in der Geflügelproduktion. Das ist meine Erkenntnis nach vielen Jahren Ermittlungstätigkeit in der Tierhaltungsbranche , sagt der PETA-Ermittler Stefan Bröckling.

Die Tierrechtsorganisation PETA

schaute hinter die Kulissen

Der Geflügelkonzern WIESENHOF wirbt damit, dass die Hühner in konventioneller Bodenhaltung gehalten werden. Doch das Wort Bodenhaltung bedeutet in der Realität nur, dass die Hühner ihr ganzes Leben auf engstem Raum in stickigen Hallen und im ständigen Dunst ihrer eigenen Exkremente verbringen müssen. 40.000 Hühner pro Halle sind keine Ausnahme. Keine Wiese, so gut wie kein Tageslicht.

In Sachen Geflügelfleisch ist WIESENHOF Marktführer in Deutschland. Der Mutterkonzern, die PHW-Gruppe, macht knapp 2 Milliarden Euro Jahresumsatz. Der Tierrechtsorganisation PETA Deutschland e.V. gelang es, hinter die Kulissen dieses Unternehmens zu schauen, das buchstäblich über Tier-Leichen geht.

Die Wiesenhof-Farm

Die Wiesenhof-Farm

in Twistringen, Kreis Diepholz. Die Tiere leben dort in einer doppelstöckigen Hühnerfarm. Nicht nur, dass bei diesem Bild keine Bauernhof-Idylle aufkommen will - auch die Hühner (Bilder unten) sehen anders aus, als man sich Hühner vorstellt... · Bild: PETA

Keine Wiese,

Keine Wiese,

so gut wie kein Tageslicht: Die Hühner vegetieren auf engstem Raum in stickigen Hallen und im ständigen Dunst ihrer eigenen Exkremente. 40.000 Hühner pro Halle sind keine Ausnahme. · Bild: PETA

Bild: PETA

Bild: PETA

Elterntierfarm - ohne Kinder, aber 10 Monate Qual

Bei WIESENHOF befinden sich alle Produktionsstufen von den Elterntierherden bis hin zur Logistikkette in eigener Hand , wirbt das Unternehmen. Elterntierherden? Wer denkt da nicht an Hennen, die auf dem Nest sitzen und brüten? An Hühner, die mit ihren putzigen gelben Küken über den Bauern hof laufen?

Doch in einer WIESENHOF-Elterntierfarm gibt es keine Kinder. Hier werden so genannte Bruteier produziert, aus denen am Ende die Hühner schlüpfen, die im Supermarkt als Gefrier-, Frischware oder in Einzelteile zerlegt verkauft werden. Im Gegensatz zur Hähnchenmast, in der die Tiere in gerade mal fünf Wochen schlachtreif gemästet werden, leben die so genannten Elterntiere bis zu zehn Monate in den Legefarmen.

Wie sieht nun eine solche Elterntierfarm aus? Die Tierrechts-organisation PETA Deutschland e.V. berichtet über ihre Recherchen:
Die Farm, das ist eine 95 Meter lange, doppelstöckige Halle mit insgesamt acht Stallbereichen. Am Ende der Halle steht eine gekühlte Kadavertonne für die toten Tiere. In den Ställen gibt es eine Bodenfläche, auf der die Hühner dichtgedrängt stehen, eine höher liegende Kotgrube, die während der ganzen 10 Monate nicht einmal geleert werden kann und die auch den Zugang zu den Tränken ermöglicht, eine Fütterungsanlage sowie die automatischen Legenester.

Katastrophale Zustände

Die Tierrechtsorganisation PETA berichtet über katastrophale Zustände, die mit Fotos und Filmaufnahmen dokumentiert wurden:
Der Stall macht einen maroden Eindruck. Die Elektroinstallation ist stellenweise abenteuerlich bis gefährlich, eine ungedämmte, flexible Wasserleitung ist zusammen mit dutzenden Versorgungs- und Steuerkabeln verlegt. Immer wieder mal fliegen Sicherungen raus oder es versagt ein für die Hühner und das Stallklima lebenswichtiger Lüfter. Mal reißt eine Futterkette, ein anderes Mal verstopft ein Futtersilo. Alter Bauschaum ist zu großen Teilen von Käfern zerfressen. Im Sommer herrschen aufgrund der unzureichenden Dämmung bis zu 34 Grad Celsius im Stall, worunter die Hühner immens leiden.

Die Räumung der Halle und Verladung der Hühner zum Schlachttransport

Wenn der Zeitpunkt der Schlachtung der Hühner gekommen ist, wird die ganze Halle geräumt. PETA dokumentierte so eine Räumung von 25.000 Tieren und die Verladung:
Die Arbeiter innerhalb der Ställe stopfen die Hühner unter äußerster Gewalt in die Kisten. Die Tiere schreien entsetzlich, haben Todesangst. Es werden Hühner sogar aus etwa zwei Meter Entfernung in die Boxen geworfen. (...) Auf den Rollbahnen werden die vollen Kisten teilweise so hart gegeneinander gestoßen, dass sich die Klappen wieder öffnen. Vermutlich durch eine Fehlbedienung läuft die Rollbahn einmal rückwärts, worauf sich eine Box mit Tieren verklemmt, senkrecht aufstellt und beinahe drei Meter in die Tiefe stürzt. Das Ende der Rollbahn ist vielleicht 1,50 Meter über dem LKW-Boden. Von dieser Höhe werden ALLE für die untere Reihe vorgesehenen und mit Tieren gefüllten Boxen fallen gelassen. Das kann wohl nur bedeuten: Die Arbeiter nehmen schwerste Knochenbrüche der Hühner bewusst in Kauf. (...) Irgendwann ist die eine Seite eines Stallbereichs fast geräumt. Alle Boxen sind voll, es laufen aber noch etwa 30 Hühner dort frei herum. Unter vollem Körpereinsatz werden sie eingefangen. Dabei schmeißt sich einer der Männer sogar auf den Boden. Wer ein Huhn erwischt, schleudert es etwa fünf, sechs Meter weit auf die andere Seite des Stalles, in dem die Tiere noch nicht geräumt sind.

In der Wiesenhof-Farm in Twistringen

In der Wiesenhof-Farm in Twistringen

Kreis Diepholz, gibt es acht Stallbereiche. Zehn Monate verbringen die Hühner, so genannte Mastelterntiere, in den stickigen, fensterlosen Ställen. Die Luft ist unerträglich. · Bild: PETA

Was Wiesenhof als »Einstreu« bezeichnet,

Was Wiesenhof als »Einstreu« bezeichnet,

ist bereits nach wenigen Wochen kaum noch mehr als alter, getrockneter Hühnerkot, der während der gesamten Legephase nicht aus den Hallen geräumt wird. · Bild: PETA

Viele Hühner sterben vorzeitig.

Viele Hühner sterben vorzeitig.

Bild: PETA

Nicht die Ausnahme, sondern die Regel

Das, was beim deutschen Geflügelfleisch-Marktführer stattfindet, ist ein Skandal. Doch der noch größere Skandal ist, dass das alles nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist:

Allen Beteiligten in der Agrarindustrie sind diese Praktiken bekannt, zwei Doktorarbeiten der Tierärztlichen Hochschule Hannover aus dem Jahren 2000/2001 beweisen dies eindrücklich , so der Agrarwissenschaftler Dr. Edmund Haferbeck von PETA.

Wir Verbraucher können daran etwas ändern, indem wir solche Produkte konsequent nicht kaufen. Keine Tiere mehr zu essen ist das deutlichste Statement gegen tierquälerische Massentierhaltung!

Sehen Sie die Filmreportage: www.peta.de/wiesenhof

Die hier dokumentierten Zustände

Die hier dokumentierten Zustände

in der industriellen Hühner-Massentierhaltung sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. · Bild: PETA

Auszug aus einer Dissertation:

Die Praktiken der Geflügelindustrie sind schon lange bekannt. Bereits im Jahr 2000 hat sich Annemarie Gocke in ihrer Dissertation Untersuchungen über den Einsatz einer Hähnchenfangmaschine in Mastbetrieben in Norddeutschland mit dem Thema befasst. Hier einige Auszüge:

Beim Fangen und Verladen von Jungmasthühnern am Ende der Mast für den Transport zum Schlachthof sind die Tiere in erheblichem Maß Stress und Verletzungen ausgesetzt. Nicht selten kommt es dabei zu Todesfällen. Nach wie vor ist das Fangen einer der am wenigsten automatisierten Prozesse in der Masthühnerproduktion. Es erfolgt in Deutschland in der Regel mit der Hand. Die Arbeit wird häufig nachts, unter Zeitdruck und von unzureichend ausgebildeten Personen ausgeführt. Dies kann in vielen Fällen zu einem wenig rücksichtsvollen Umgang mit den Tieren führen, der als einer der Hauptgründe für Verletzungen und Todesfälle angesehen werden muss. ( )

Die Haltung von vielen Tieren in einem Stall sowie das Bestreben, mit möglichst geringem Kostenaufwand ein gutes Mastergebnis zu erzielen, kollidiert oftmals mit den natürlichen Bedürfnissen der Tiere. ( )

Die Zucht auf schnelles Wachstum führt häufig zu Gesundheitsschäden vor allem im Skelettbereich, da die Knochen und Gelenke die schnell anwachsende Muskelmasse nicht tragen können. Deshalb wurde zur Verminderung von Gelenkschäden vorgeschlagen, die Tiere zu Beginn der Mast restriktiv zu füttern. Dies hat sich allerdings in der Praxis nicht durchgesetzt. Weitere Gesundheitsprobleme wie z.B. Brustblasen und Hautschäden können durch feuchten Boden entstehen. Dies ist vor allem im Bereich der Tränken der Fall (SAINSBURY, 1988; SAVORY, 1995). ( )
In Folge der engen Besatzdichte und weil die Einstreu während eines Mastdurchganges nicht gewechselt wird, kommt es während der Mast zu einem Anstieg der Ammoniakkonzentration im Stall. Diese führt zu einer vermehrten Belastung der Atmungsorgane und zur Reizung der Augen. Auch die Infektionsanfälligkeit der Tiere wird durch eine vermehrte Ammoniakbelastung erhöht (FÖLSCH et al., 1989).

Wenn 20.000 bis 30.000 zusammen in einem Stall gehalten werden, ist es unmöglich, jedes Einzeltier zu beobachten. Kranke, verletzte oder leidende Tiere werden oft nicht entdeckt. In Einzelfällen, bei sehr hoher Besatzdichte, können auch kleinere Tiere von größeren Artgenossen erdrückt werden (ROLLIN, 1995).

96,4 % der Hähnchen bekommen mehrfach Antibiotika

Ein Masthähnchen wird im Schnitt nur 38 Tage alt - dann wird es geschlachtet. Innerhalb dieser kurzen Zeit werden den meisten Hähnchen mehr als eine Woche lang Antibiotika verabreicht.

Eine Untersuchung des Verbraucherschutzministeriums Nordrhein-Westfalen ermittelte den Antibiotikaeinsatz in der Hähnchenmast. Das Ergebnis: 96,4 Prozent der untersuchten Tiere wurden mit den Medikamenten behandelt.

In Nordrhein-Westfalen gibt es 8,5 Millionen Hühnermastplätze, so dass bei 6,7 Mastdurchgängen im Jahr knapp 57 Millionen Tiere jährlich gemästet werden. Im Schnitt erfolgten pro Mastdurchgang 2,2 Behandlungen mit durchschnittlich 3 verschiedenen Antibiotika-Wirkstoffen. (Verbraucherschutzministerium Nordrhein-Westfalen: Evaluierung des Antibiotika einsatzes in der Hähnchenhaltung, 14.11.2011)
Die Ergebnisse der Untersuchung seien laut Verbraucherschutzminister Johannes Remmel bundesweit übertragbar: Jahrelang ist von der Geflügelwirtschaft und der Bundesregierung immer wieder versichert worden, dass der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast nur die Ausnahme sei , sagte Verbraucherschutzminister Johannes Remmel gegenüber dem SPIEGEL Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Antibiotika-Einsatz ist die Regel. (SPIEGEL online, 15.11.2011)

Was ist der Grund für diesen massiven Antibiotikaeinsatz? Einerseits ist die industrielle Massentierhaltung geradezu eine Brutstätte für Krankheitserreger - das System funktioniert nur mit Antibiotika. Anderseits beschleunigen Antibiotika das Wachstum, so dass es sich - verbotenerweise - um Doping handelt. - Der übermäßige Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung führt zur Zunahme von multiresistenten Keimen, die auch für den Menschen gefährlich sind.