Grundstücke in Niederbayern endlich jagdfrei
Franz S.* besitzt Grundstücke im Landkreis Kelheim: zwei Waldgrundstücke, auf denen er einen kleinen Forstbetrieb betreibt, und ein Feldgrundstück. Der Tier- und Naturfreund kann es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, dass Tiere vor seinen Augen gejagt und abgeschossen werden und er dafür auch noch sein eigenes Grundstück gegen seinen Willen und gegen seine ethische Überzeugung zur Verfügung stellen muss. Anfang 2020 stellte Franz S.* den Antrag auf jagdrechtliche Befriedung seiner rund 6 Hektar Wald- und Feldflächen aus ethischen Gründen bei der zuständigen Unteren Jagdbehörde des Landkreises Kelheim und schaltete im Verlauf des Verfahrens einen Anwalt ein. Mit Erfolg: Mit Ende des Jagdjahres am 31. März 2022 wurden seine Grundstücke offiziell jagdfrei!
»Ich sehe Tiere im Allgemeinen und Wildtiere im Speziellen als meine Schutzbefohlenen an und die Arbeit des Jägers als unnötiges Töten«, so beschreibt der Grundstückseigentümer gegenüber der Initiative »Zwangsbejagung ade« seine Beweggründe. »Ich kann es auch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, dass Tiere vor meinen Augen gejagt und abgeschlachtet werden. Durch das Auffressen der Flächen durch Biogasbetriebe haben die Tiere weder Raum noch vernünftiges Futter zu Verfügung. Das Bisschen, was noch an Lebensraum vorhanden ist, wird bejagt. Also bleibt gar kein Rückzugsort mehr für unsere pelzigen Gefährten. Von daher sehe ich es als meine Pflicht, dagegen vorzugehen.«
Als erstes setzte der Grundstückseigentümer ein Anschreiben für die Untere Jagdbehörde auf mit der Frage, welche Dokumente und Unterlagen für eine jagdrechtliche Befriedung erforderlich sind und welche Kosten entstehen. »Kosten konnte der Sachbearbeiter mir vorerst nicht nennen, da er erst alle Flurnummern von mir benötigt«, berichtet der Inhaber eines kleinen Forstbetriebs.
Nur eine Woche später hatte er alle notwenigen Unterlagen im Briefkasten. Daraufhin schickte er Anfang März 2020 den Antrag auf jagdrechtliche Befriedung als Einschreiben mit Rückschein an die zuständige Untere Jagdbehörde.
Jagdbehörde malt Horrorszenarien von Waldverbiss, Schweinepest, Hasenpest und Fuchsräude an die Wand
Am 4.11.2020 erhielt er ein Schreiben der Behörde, dass zu dem Antrag verschiedenste Bedenken vorgetragen worden seien: Es werde befürchtet, dass sich die Verbisssituation verschlechtere und damit der Umbau des Waldes zu Mischwäldern erheblich erschwert werde. Zudem würde eine Befriedungserklärung dem großen jagdlichen Aufwand zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest zuwiderlaufen: Das Schwarzwild müsse verstärkt auf der gesamten Waldfläche bejagt werden. Eine Herausnahme kleiner Waldflächen würde die Seuchenprävention massiv behindern, war in dem Schreiben der Jagdbehörde zu lesen. Außerdem werde durch die Befriedung die Ausbreitung von Hasenpest und Fuchsräude befürchtet und es bestehe die Gefahr der Ansteckung von Menschen und Hunden, da das Gebiet gerne von Joggern oder Spaziergängern mit Hunden genutzt werde.
Weil der Widerstand der Jagdgenossenschaft so groß war und seine ethischen Gründe angezweifelt wurden, schaltete der Grundstückseigentümer einen Anwalt ein.
Grundstücke seit 1.4.2022 jagdfrei
Im Frühjahr 2022 kam die gute Nachricht: Mit Beginn des neuen Jagdjahres am 1.4.2022 sind die Grundstücke offiziell jagdrechtlich befriedet!
Franz S. beauftragte eine Druckerei, Schilder anzufertigen und stellte sie in seinem Wald und an seinen Feldgrundstücken auf, damit jedem klar ist: Hier herrscht Jagdverbot!
* Name von der Redaktion geändert, der Grundstückseigentümer möchte anonym bleiben
Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte von 2012: Zwangsbejagung verstößt gegen Menschenrechte |
»Keine Jagd auf meinem Grundstück!« - Die rechtliche Grundlage
Generell unterliegen alle Flächen in Deutschland dem Jagdrecht. Jäger haben also grundsätzlich das Recht, überall außerhalb geschlossener Ortschaften die Jagd auszuüben. Alle Grundstücke im Außenbereich sind in einer Jagdgenossenschaft zusammengeschlossen, welche die Flächen an Jäger verpachtet. Dies bedeutet, dass Jäger auf privaten Grundstücken, die Teil einer Jagdgenossenschaft sind, die Jagd ausüben dürfen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte am 26.06.2012 entschieden, dass die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft gegen die Menschenrechte verstößt, sofern der Grundeigentümer die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Am 6.12.2013 ist der § 6a Bundesjagdgesetz »Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen« in Kraft getreten.
Der Antrag auf jagdrechtliche Befriedung
Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken, die im Außenbereich liegen und Teil einer Jagdgenossenschaft sind, können einen »Antrag auf jagdrechtliche Befriedung aus ethischen Gründen« bei der zuständigen Unteren Jagdbehörde (Teil des Landratsamtes oder der Stadt) stellen. Dazu benötigen Sie auf jeden Fall die Flurnummern. Sie müssen den Antrag immer für alle in Ihrem Besitz stehenden Grundstücke stellen.
Die Ablehnung der Jagd sollten Sie ausschließlich mit ethischen Motiven begründen und Ihren Gewissenskonflikt darlegen:
• Sie lehnen aus ethischen Gründen generell das Töten von Tieren ab (Vegetarier/Veganer).
• Sie können es nicht mit Ihrem Gewissen vereinbaren, wenn Jäger auf Ihrem Grundstück Wildtiere tot schießen und Sie Ihr Grundstück dafür gegen Ihren Willen und gegen Ihre ethische Überzeugung zur Verfügung stellen müssen.
• Sie lehnen aus Gründen des ethischen Tierschutzes und der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf ab, wildlebende Tiere zu jagen und hierbei durch Duldung der Jagd auf den eigenen Grundstücken mitzuwirken. Sie berufen sich auf das Tierschutzgesetz: »Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.« (§ 1 TierSchG) Die Hobbyjagd ist in Ihren Augen kein vernünftiger Grund.
Helfen Sie mit!
Viele Grundstückseigentümer, welche die Jagd auf ihrem Grund und Boden nicht länger dulden wollen, kommen erst durch die Hilfe eines Rechtsanwalts zum Ziel. Da dies für den einzelnen Tierfreund, der sein Grundstück jagdfrei stellen möchte, hohe Kosten bedeuten kann, können Sie mit einer Spende unterstützen. Je mehr Grundstücke in einem Bundesland bereits jagdfrei gestellt wurden, desto leichter wird es für weitere Grundstückseigentümer, die ebenfalls den Antrag auf jagdrechtliche Befriedung stellen. So können in Deutschland endlich die dringend benötigten Rückzugsgebiete für Wildtiere geschaffen werden.
Helfen Sie mit!
Wollen Sie die Bürgerbewegung Zwangsbejagung ade und damit betroffene Grundstückseigentümer, welche die Jagd auf ihren Flächen nicht länger dulden wollen, unterstützen? |