Gütersloh: Ehepaar klagt gegen Jagd auf seinen Grundstücken
Von Julia Brunke, Redaktion FREIHEIT FÜR Tiere
Margrit und Klaus-Dieter Dorn engagieren sich für die Rechte und den Schutz von Tieren und lehnen die Jagd ab. 2019 stellten die Eheleute für ihre vier Grundstücke in Gütersloh sowie fünf Hektar Land in Bielefeld den Antrag auf jagdrechtliche Befriedung aus ethischen Gründen und beriefen sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Zwangsbejagung.
Die Grundstücke in Bielefeld sind seit 2021 jagdfrei, ein kleines Grundstück in Gütersloh seit 2022.
Um zu verhindern, dass Hobbyjäger auf ihren anderen Grundstücken weiterhin Tiere schießen dürfen, klagen die Dorns vor dem Verwaltungsgericht Minden.
»Wenn ich Schüsse höre, überkommt mich schon ein Schauer«
»Wenn ich Schüsse höre, überkommt mich schon ein Schauer«, erklärt Margrit Dorn. Sie und ihr Mann lehnen das Töten von Tieren ab und können es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, wenn Jäger auf ihren Grundstücken auf frei lebende Tiere schießen. »Bei unseren Grundstücken in Gütersloh ist ein kleiner Wald dabei. Dort ist ein Fuchsbau und ich habe dort schön öfter Liegeflächen von Rehen gesehen«, erzählt die Tierfreundin. »Anfang diesen Jahres machten etwa 15 Jäger eine Gesellschaftsjagd nahe unseres Grundstücks. Es wurde geschossen in alle möglichen Richtungen, sogar in Richtung eines Hauses und eines Wanderparkplatzes. Es hätten auch Menschen getroffen werden können.« Margit Dorn hat den Vorfall angezeigt, passiert sei aber nichts.
2019: Anträge auf jagdrechtliche Befriedung aus ethischen Gründen
Klaus-Dieter Dorn hat die vier Grundstücke im Kreis Gütersloh mit einer Gesamtfläche von 3,4 Hektar geerbt. Dem 56-jährigen Unternehmer war zunächst nicht bewusst, dass er damit automatisch Teil einer Jagdgenossenschaft wurde, welche die Grundstücke als Jagdrevier an Hobbyjäger verpachtet.
Seine Frau Margrit, die auf dem Land aufgewachsen ist, kannte sich mit dem System der Jagdreviere besser aus. »Ich bin als Kind auf einem Bauernhof aufgewachsen. Und als ich verstanden habe, dass Tiere getötet werden, damit wir Fleisch essen können, bin ich Vegetarierin geworden. Seit etwa 10 Jahren lebe ich konsequent vegan.« Ihr Mann ernährt sich inzwischen ebenfalls rein pflanzlich.
2019 erbte Margit Dorn 5 Hektar Land in Bielefeld. Im gleichen Jahr stellten die Dorns den Antrag auf jagdrechtliche Befriedung für die Grundstücke in Gütersloh und in Bielefeld. »Wir haben uns auf www.zwangsbejagung-ade.de informiert. Dort gibt es eine Anleitung, die wir auch schon an andere Tierfreunde weitergegeben haben.«
Drohanruf eines Jägers
Über den Antrag der Dorns auf jagdrechtliche Befriedung haben mehrere lokale Zeitungen berichtet. »Wir erhielten viele positive Anrufe von Menschen, die uns unterstützten«, erzählt Margrit Dorn.
Doch die Dorns hatten auch mit Bedrohungen zu kämpfen. Im Oktober 2021 erhielten sie einen bedrohlichen Anruf von einem Mann, der sich als Jäger ausgab, woraufhin sie die Polizei einschalteten und Anzeige erstatteten.
5 Hektar in Bielefeld nach nur einem Jahr jagdfrei
»Die Stadt Bielefeld hat die 5 Hektar nach etwa einem Jahr befriedet - und die Grundstücke wurden ab 1.4.2021 jagdfrei«, erzählt die Tierschützerin.
Kreis Güterloh lehnt Befriedung von zwei Grundstücken ab: Klage vor Verwaltungsgericht Minden
Doch der Kreis Gütersloh reagierte nicht auf den Antrag. Daraufhin wendeten sich die Dorns an Rechtsanwalt Peer Fiesel aus Dortmund, der bundesweit über 100 Befriedungsverfahren führt. Nachdem Rechtsanwalt Fiesel eine Untätigkeitsklage erhoben hatte, wurden zwei kleine Grundstücke - etwa ein Drittel der Fläche - zum 01.04.2022 befriedet.
Gegen die Ablehnung des Antrags auf jagdrechtliche Befriedung für die zwei größeren Grundstücke wurde Klage gegen den Kreis Gütersloh vor dem Verwaltungsgericht Minden erhoben.
Die zuständige Richterin hat inzwischen gemeinsam mit Rechtsanwalt Fiesel eine Ortsbegehung durchgeführt, um sich ein besseres Bild von der Situation zu machen. Margrit und Klaus-Dieter Dorn hoffen, dass der Fall bald abgeschlossen wird und ihre Grundstücke endlich jagdfrei werden.
»Es gibt immer weniger Rückzugsgebiete für Tiere«, sagt Margit Dorn. »Wir möchten mit unseren Grundstücken einen kleinen Beitrag leisten und Rückzugsgebiete schaffen, auf dem Tiere in Frieden leben können.«
Demonstrationen gegen die Jagd
Margrit und Klaus-Dieter Dorn engagieren sich seit Jahren öffentlich für die Rechte von Tieren. Margit Dorn ist seit fünf Jahren im Tierschutz aktiv und Vorsitzende des Vereins FairLeben Gütersloh e.V., der sich für den Erhalt der Natur und für eine nachhaltige Lebensweise einsetzt. Gemeinsam mit anderen Organisationen hat FairLeben bei Hubertusmessen vor der Kirche demonstriert oder gegen die tierquälerischen Schliefenanlagen.
Zwangsbejagung verstößt gegen Menschenrechte
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seinem Urteil vom 26.06.2012 im Verfahren Herrmann gegen Bundesrepublik Deutschland eine Verletzung von Artikel 1 Protokoll Nr. 1 (Schutz des Eigentums) zur Europäischen Menschenrechtskonvention festgestellt: Es ist nicht mit dem in der Menschenrechtskonvention garantierten Schutz des Eigentums zu vereinbaren, wenn Grundstückseigentümer, welche die Jagd nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können, zwangsweise Mitglied in Jagdgenossenschaften sind und damit die Jagd auf ihrem Eigentum dulden müssen. |
»Keine Jagd auf meinem Grundstück!« - Die rechtliche Grundlage
Generell unterliegen alle Flächen in Deutschland dem Jagdrecht. Jäger haben also grundsätzlich das Recht, überall außerhalb geschlossener Ortschaften die Jagd auszuüben. Alle Grundstücke im Außenbereich sind in einer Jagdgenossenschaft zusammengeschlossen, welche die Flächen an Jäger verpachtet. Dies bedeutet, dass Jäger auf privaten Grundstücken, die Teil einer Jagdgenossenschaft sind, die Jagd ausüben dürfen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte am 26.06.2012 entschieden, dass die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft gegen die Menschenrechte verstößt, sofern der Grundeigentümer die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Am 6.12.2013 ist der § 6a Bundesjagdgesetz »Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen« in Kraft getreten.
Der Antrag auf jagdrechtliche Befriedung
Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken, die im Außenbereich liegen und Teil einer Jagdgenossenschaft sind, können einen »Antrag auf jagdrechtliche Befriedung aus ethischen Gründen« bei der zuständigen Unteren Jagdbehörde (Teil des Landratsamtes oder der Stadt) stellen. Dazu benötigen Sie auf jeden Fall die Flurnummern. Sie müssen den Antrag immer für alle in Ihrem Besitz stehenden Grundstücke stellen.
Die Ablehnung der Jagd sollten Sie ausschließlich mit ethischen Motiven begründen und Ihren Gewissenskonflikt darlegen:
• Sie lehnen aus ethischen Gründen generell das Töten von Tieren ab (Vegetarier/Veganer).
• Sie können es nicht mit Ihrem Gewissen vereinbaren, wenn Jäger auf Ihrem Grundstück Wildtiere tot schießen und Sie Ihr Grundstück dafür gegen Ihren Willen und gegen Ihre ethische Überzeugung zur Verfügung stellen müssen.
• Sie lehnen aus Gründen des ethischen Tierschutzes und der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf ab, wildlebende Tiere zu jagen und hierbei durch Duldung der Jagd auf den eigenen Grundstücken mitzuwirken. Sie berufen sich auf das Tierschutzgesetz: »Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.« (§ 1 TierSchG) Die Hobbyjagd ist in Ihren Augen kein vernünftiger Grund.
Helfen Sie mit!
Viele Grundstückseigentümer, welche die Jagd auf ihrem Grund und Boden nicht länger dulden wollen, kommen erst durch die Hilfe eines Rechtsanwalts zum Ziel. Da dies für den einzelnen Tierfreund, der sein Grundstück jagdfrei stellen möchte, hohe Kosten bedeuten kann, können Sie mit einer Spende unterstützen. Je mehr Grundstücke in einem Bundesland bereits jagdfrei gestellt wurden, desto leichter wird es für weitere Grundstückseigentümer, die ebenfalls den Antrag auf jagdrechtliche Befriedung stellen. So können in Deutschland endlich die dringend benötigten Rückzugsgebiete für Wildtiere geschaffen werden.
Helfen Sie mit!
Wollen Sie die Bürgerbewegung Zwangsbejagung ade und damit betroffene Grundstückseigentümer, welche die Jagd auf ihren Flächen nicht länger dulden wollen, unterstützen? |