Staatsanwaltschaft: Anklage wegen Küken-Tötung
werden pro Jahr zerschreddert und vergast
Jedes Jahr werden in Deutschland rund 50 Millionen männliche Küken lebendig geschreddert oder vergast. Im Februar 2016 hat eine Staatsanwaltschaft zum ersten Mal Anklage gegen eine Großbrüterei wegen des Massentötens männlicher Eintagsküken erhoben. (Az.: 540 Js 290/15 Staatsanwaltschaft Münster - 2 KL2 7/15 Landgericht Münster) Die Tierrechtsorganisation PETA hatte eine Strafanzeige gegen die Großbrüterei im Münsterland gestellt. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Münster bezeichnet PETA als historischen Durchbruch in der tierschutzrechtlichen Debatte über die industrielle Tierproduktion .
werden gleich nach Schlüpfen aussortiert
Der Markt der Küken-Produktion ist nur auf wenige Großkonzerne aufgeteilt: Rund 20 Groß-Brütereien liefern die Legehennen-Küken für die Eier-Industrie in Deutschland.
Die Küken werden in Brutschränken ausgebrütet. Nach dem Schlüpfen werden die Küken aus Plastikkisten auf lange Fließbänder gekippt. Arbeiter sortieren die Küken ( Sexen ): Ist das Küken weiblich, wird es in eine Kiste geschmissen, um in die Legebetriebe transportiert zu werden. Ist das Küken männlich, wird es zurück aufs Fließband geworfen. Am Ende des Fließ bandes wartet entweder der Schredder, in dem die gerade geborenen Küken lebendig zu Brei verarbeitet werden oder aber die Küken werden in großen Behältern vergast.
Die Agrarindustrie hat für männliche Küken der Legehuhnrassen keine Verwendung: Legehühner sind auf Legeleistung gezüchtet, während Masthühner darauf gezüchtet werden, einen möglichst ausgebildeten Brustmuskel zu entwickeln. Da die männlichen Legehühner weder Eier legen noch eine rentable Brustmuskulatur ausbilden, sind sie unwirtschaftlich .
Doch Tötung von Tieren ohne Nutzung verstößt, spätestens seit Aufnahme des Staatsschutzziels Tierschutz ins Grundgesetz (Art. 20a GG) im Jahr 2002, gegen das Tierschutzgesetz.
Das massenhafte Schreddern und Vergasen der männlichen Küken wäre also eigentlich nach dem Tierschutzgesetz verboten. Doch da sowohl die Behörden als auch das Bundeslandwirtschaftsministerium diese Praxis dulden, wurde den Brütereien bisher meist ein so genannter Verbotsirrtum zugebilligt, weswegen sie straflos blieben.
PETA hatte 2015 bei elf Staatsanwaltschaften gegen alle rund 20 Brütereien in Deutschland Strafanzeige erstattet. Denn: Die Tötung von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund ist strafbar , so Dr. Edmund Haferbeck, Wissenschafts- und Rechtsberater bei PETA.
Klage, wenn nötig, "bis zum BGH tragen"
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Münster sagte gegenüber dem SPIEGEL, im aktuellen Fall könne sich die Brüterei aber nicht mehr darauf berufen, das Töten für rechtmäßig gehalten zu haben, da die Brüterei war spätestens seit 2013 durch die Strafanzeige von PETA über die Unrechtmäßigkeit ihres Tuns informiert worden sei. Die Staatsanwaltschaft will die Klage, wenn nötig, bis zum BGH tragen . Denn es handele sich um ein bundesweites Problem.
Dagegen hat das Landgericht Münster am 9.3.2016 entschieden, die Klage gar nicht anzunehmen. Nun ist die nächste Instanz an der Reihe. Weitere Verfahren sind an mehreren Verwaltungsgerichten anhängig.
Quellen:
50 Millionen Eintagsküken landen in Deutschland jährlich auf dem Müll. www.peta.de/Eier
Landgericht lehnt Klage gegen Kükentöten ab. spiegel.de, 9.3.2016
Tierschutz: Staatsanwaltschaft geht gegen das Töten von Küken vor. SPIEGEL, 7/2016