Wie Hunde mit uns sprechen
Wie können wir mit Hunden kommunizieren und sie besser verstehen? Hunde kommunizieren vor allem durch Körpersprache. Wenn wir Hunde besser verstehen wollen, müssen wir lernen, die Signale der Körpersprache richtig zu lesen. Der in vielen Jahren des Beobachtens entstandene Bildband »Emotionen bei Hunden sehen lernen« zeigt und erklärt auf einzigartige Weise die nonverbale Kommunikation von Hunden. Mit einer Sammlung von über 1300 Fotos, die Hunde verschiedener Rassen in den unterschiedlichsten Situationen zeigen. Mit präzisen Fotobeschreibungen ist das Buch eine echte Blickschulung für alle Menschen, die mit Hunden umgehen: Wie sieht ein unsicherer, ängstlicher, neugieriger oder aggressiver Hund aus? Wie unterscheidet sich die Mimik bei schlapp- oder stehohrigen, lang- oder kurzhaarigen Hunden und wie lerne ich, die gezeigten Äußerungen im Situationszusammenhang richtig zu deuten?
Katja Krauß verfügt seit ihrer frühen Kindheit ein tiefes Verständnis für Hunde, und seit ihrer Kindheit waren die verschiedensten Hunde ihre Begleiter und Lehrmeister. So gelingt ihr anhand der Körpersprache und dem Ausdruck wahrzunehmen, warum und wie Hunde agieren und interagieren - und sie kann die Hundesprache für uns übersetzen .
Kommunikation mit der Zunge.
»Züngeln gehört zu den Kommunikationssignalen unserer Hunde und wird in vielfältigen Situationen benutzt. Es dient z. B. der Selbstberuhigung, der Beruhigung des Gegenübers, mit Züngeln kann um eine Pause gebeten werden, es wird eingesetzt, um friedliche Absichten zu zeigen, aus Höflichkeit, bei zu schneller frontaler Annährung usw. Schon Welpen beherrschen das Züngeln.« · Bild aus: Katja Krauß und Gabi Maue: Emotionen bei Hunden sehen lernen. Kynos-Verlag, 2021
Hunden eine Stimme verleihen
»Als Jugendliche in meiner aktiven Tierschutzzeit und auf dem Hundeplatz kann ich mich noch daran erinnern, dass meine Trainerin Sabine zu mir sagte, ich könnte mal ein Buch schreiben, denn es wäre hochinteressant, wenn ich die Interaktionen zwischen unseren Hunden oder den Hunden mit ihren Halter kommentieren würde. Ich nannte das damals "Übersetzen", wenn wir gemeinsam am Zaun standen und dabei zusahen, wie die anderen mit ihren Hunden trainierten und ich den Hunden eine "Stimme" verlieh. Ich sprach aus, was die Hunde dachten - besser gesagt, was ich dachte, was die Hunde dachten.» Sie erklärt, dass sie nicht in die Köpfe von Hunden hineinsehen kann. »Doch in den meisten Fällen kann ich absehen, was passieren wird und mir ist vermeintlich klar, warum es so kommen wird.«
Heute ist Katja Krauß erfolgreiche Hundetrainerin, Ausbilderin nach der Tellington TTouch-Methode und staatlich anerkannte Hundesachverständige. Sie leitet die Hundeschule GREH in Berlin.
»In meinem Leben wurde ich bis heute von 17 eigenen Hunden begleitet. Einige stammten aus dem Tierschutz, einige adoptierte ich als Welpen, andere als erwachsene Hunde. Es sind verschiedenste Rassen und Mischlinge, und eine Hündin durfte auch aus einem eigenen Wurf bei mir bleiben. Zudem habe ich mit Tausenden anderen Hunden in meiner Hundeschule Kontakt haben dürfen. Also spreche ich aus Erfahrung und von meinem Bauchgefühl ausgehend.« Sie erhebe keinen wissenschaftlichen Anspruch darauf, dass sie damit richtig liege, erklärt sie. Ihr geht es um das Verstehen von Hunden.
Hinsetzen und Hinlegen sind starke Signale,
die auch in entsprechend bedrängenden Situationen angewandt werden. Beide Signale werden aber nicht von allen Hunden gleich angewandt; es gibt Hunde, die sie nie zeigen und Hunde oder bestimmte Rassen, bei denen diese Signale häufiger beobachtet werden, auch schon in weniger bedrohlichen Situationen. In sehr bedrohlichen Situationen können sie eine Tendenz zum „Freeze-Zustand“, dem Einfrieren, beinhalten. Neben der Beschwichtigung sind diese Signale auch eine Bitte um Distanz. Souveräne Hunde legen sich hin, um einen unsicheren Hund zu ermutigen, näher zu kommen. Oft vermeiden sie dabei direkten Blickkontakt, der eher bremsend wirken könnte.« · Bild aus: Katja Krauß und Gabi Maue: Emotionen bei Hunden sehen lernen. Kynos-Verlag, 2021
Wie die Idee für das Buchprojekt entstand
Für Katja Krauß ist es ein Herzensanliegen, ihre Sichtweise und ihre Beobachtungen mit anderen Menschen zu teilen: Ich habe in über drei Jahrzehnten immer wieder festgestellt, dass viele Menschen durch Nachahmung lernten, wenn ich ihnen ihre Hunde erklärte, selber ihre Hunde besser zu verstehen.
So kam sie auf die Idee, gemeinsam mit ihrer Freundin Gabi Maue diesen Bildband zu schaffen. Ich kenne Gabi seit unserer gemeinsamen Ausbildung zum Tellington TTouch Practitioner.«
Auch Gabi Maue fühlt sich, seit sie denken kann, zu Tieren und insbesondere Hunden und Pferden hingezogen. Und es sei ihr leicht gefallen, ihre Hunde zu lesen und zu verstehen. Sie berichtet von ihrer Hündin Fanny, die anfangs sehr unsicher war in der Begegnung mit fremden Menschen und Hunden und dann auch schnappte. »Fanny lehrte mich, ihre Signale, ihre Rufe um Hilfe zu sehen und zu respektieren und dies möglichst im Vorfeld beginnender Eskalation. Mit Fanny wurde mir bewusst, wie subtil und schnell Stimmungen und Emotionen gezeigt werden und wie schnell sie sich ändern können.«
Durch ihre Ausbildung in der Tellington-Methode lernte sie, Hunde noch besser zu lesen und zu verstehen, auch bei fremden Hunden. »Ich erlebte, wie viel Vertrauen mir auch von unbekannten Hunden entgegen gebracht wurde, wenn ich auf ihre Signale achtete, ihre gegenwärtige Stimmung respektierte und achtsam mit ihnen umging«, so Gabi Maue. In ihr wuchs das Bedürfnis, mehr über das Verhalten und die Emotionen von Hunden zu erfahren. »Im Austausch mit Katja und in vielen gemeinsamen Gesprächen entstand letztlich die Idee zu diesem Bildband.«
Ab 2010 haben die Hundefreundinnen begonnen, Fotos und Videos zu sammeln. Die Fotos sind alle in natürlichen Situationen entstanden - die beiden Hundetrainerinnen haben die Hunde für die Fotos nicht gezielt provoziert. Dadurch bedingt entsprechen manche Fotos nicht ganz dem üblichen Qualitätsstandards für ein Buch. Es sind Schnappschüsse, die wir in unzähligen Stunden der letzten Jahre sammelten.
Angespannte Augenbrauenstellung bei kurzer Gesichtsbehaarung
- Augenbrauen nach innen-oben gezogen
- Gerundetes Auge
- Augenweiß sichtbar
Weitere Anzeichen für Anspannung:
- Ohren nach hinten gedreht
- Leichte Faltenbildung der Kopfdecke
- Mundspalte langgezogen
Ein wildes Junghundespiel zwischen Rani (hinten) und dem jungen Deutschen Schäferhund im Vordergrund. Wir sehen das "sorgenvolle" Auge des Deutschen Schäferhundes, dessen Eindruck durch das sichtbare Augenweiß (Walauge) und die dunklere Zeichnung der hochgezogenen Augenbraue verstärkt wird.
Bild aus: Katja Krauß und Gabi Maue: Emotionen bei Hunden sehen lernen. Kynos-Verlag, 2021
Golden Retriever-Hündin Dhanyi (links stehend) möchte Arwen ihren Stock abnehmen. Sie zieht den Stock fest zu sich, dadurch richtet sie den Nacken stark auf.
Von angespannter zu neutraler Augenbrauenstellung
- Augenbrauen am inneren Augenwinkel hoch- und zusammen gezogen
- Direkter Blickkontakt
- Augenweiß sichtbar
Weitere Anzeichen für Anspannung:
- Ohren nach hinten zurückgenommen
- Kopfdecke straff
- Hals aufgerichtet
Bild aus: Katja Krauß und Gabi Maue: Emotionen bei Hunden sehen lernen. Kynos-Verlag, 2021
Viele Menschen verstehen die Emotionen ihrer Hunde nicht richtig
»Was uns immer wieder auffällt, ist die Tatsache, dass selbst Menschen, die ihre Hunde lieben und zu verstehen glauben - und deswegen auch oft den Weg zu uns und unserer Art des Umgangs mit Hunden gefunden haben - die Emotionen ihrer Hunde entweder gar nicht verstehen oder völlig missverstehen.« Dies könne an einer falschen Deutung der Körpersprache liegen, aber auch an Ansichten und Vorstellungen, die zum Beispiel von den Eltern übernommen wurden mit veralteten Trainingsmethoden, die auf Bestrafung basieren, »weil der Hund ja sonst seine Familie dominiert«.
Eine von außen zugeführte Anspannung wie der Griff oder Leinenzug am Halsband oder Geschirr ist für den Hund oft eine stark einschränkende Erfahrung und kann als sehr unangenehm empfunden werden. Sehr häufig ist Züngeln als Reaktion darauf zu sehen.
Bilder aus: Katja Krauß und Gabi Maue: Emotionen bei Hunden sehen lernen. Kynos-Verlag, 2021
Allein über die Sprache wird ein Abstand zwischen Mensch und Tier erzeugt
Die beiden Autorinnen haben sich für ihr Buch entschieden, keine Hundefachsprache zu verwenden. So sprechen sie von »Lippe« und nicht von »Lefze« und von »Mund« anstatt von »Fang«. »Lassen Sie es mal auf sich wirken, ob es für Sie einen Unterschied macht, wenn ich beschreibe, die Lefze ist angespannt oder die Lippe des Hundes ist angespannt«, erklärt Katja Krauß. Allein über die Sprache werde ein Abstand zwischen Mensch und Tier erzeugt, der dem Wesen der Tiere nicht gerecht werde. Durch den Unterschied zwischen Mensch und Tier in der Sprache falle es dem Menschen leichter, Tiere grob zu behandeln.
»Hundebegegnungen sind Begegnungen zwischen Menschen gar nicht so unähnlich«
»Die Kommunikation von Hunden untereinander läuft rasend schnell und meist sehr subtil ab, bevor deutliche und unübersehbare Signale gesendet werden«, schreiben Katja Krauß und Gabi Maue. »Diese subtile Kommunikation ist oft für unser Auge nicht wahrnehmbar. Sie verändert sich in Bruchteilen von Sekunden und kann, je nach Situation, auf einer Körperseite anders ablaufen als auf der anderen - wenn ein Hund sich zum Beispiel zwischen zwei Hunden befindet und beiden unterschiedliche Signale sendet.« Oft seien diese schnellen Frequenzen von Menschen nicht wahrzunehmen. Durch vieles Beobachten könne aber ein »Bauchgefühl« entstehen, mit dem sich Situationen einschätzen lassen, bevor es zu einer Eskalation kommt .
Dabei seien Hundebegegnungen Begegnungen zwischen Menschen gar nicht so unähnlich, sind die beiden Hundetrainerinnen überzeugt.
Jeder Hund ist ein Individuum - und so werden Gefühle unterschiedlich stark gezeigt
»Jeder unserer Hunde ist ein Individuum, Gefühle werden unterschiedlich stark gezeigt bzw. es werden bestimmte Signale bevorzugt oder seltener benutzt«, so Katja Krauß und Gabi Maue. »Entsprechend ihres Charakters und ihres Temperamentes zeigen sie in ihrer Körpersprache eher zurückhaltendes oder offensives Verhalten.«
Wegen dieser Unterschiedlichkeiten können die Signale von Hunden von verschiedenen Hundehaltern sehr verschieden gedeutet werden. So habe ein Portraitfoto von Quivive, der Hündin von Gabi Maue, auf dem sie für Gabi wirklich gelangweilt schaut, bei einem Halter von Hunden gleicher Rasse den Kommentar ausgelöst: »Wenn meine so schauen, muss ich aufpassen, sonst sind sie im nächsten Augenblick weg.« Nun wurde bei diesem Bild allein der Gesichtsausdruck von Quivive interpretiert. Wahrscheinlich wäre hier eine Beobachtung des ganzen Körpers wichtig gewesen, um einen Schluss auf die emotionale Verfassung von Quivive ziehen zu können - und sie mit den anderen Hunden zu vergleichen. »Aus diesem Grund haben wir uns nicht nur auf die Darstellung der Gesichter konzentriert, sondern auch vergleichende Ganzkörperdarstellungen angefertigt.«
Im ersten Teil ihres Buchs beschreiben Katja Krauß und Gabi Maue die einzelnen »kommunizierenden« Körperteile des Hundes und nehmen deren Signale in Texten und Bildern unter die Lupe: Der Kopf mit Gesichtsmimik und Ausdruck, Kopfhöhe und Hals, Ohren, Augen, Mund, Zunge, Nase und Atmung, der Körper und die Körperhaltung.
Im zweiten Teil geht es um die Kommunikationssignale: Züngeln, Blinzeln, Kopf abwenden, Körper abwenden, Bogen laufen, Verlangsamen und langsame Bewegungen, Kleinmachen, Hinsetzen, Hinlegen, Pföteln, Schnüffeln, Pinkeln, Splitten, die Vorderkörpertiefstellung, verrücktes Wegspringen, Schütteln, Kratzen und Gähnen.
Daran schließt sich ein ausführlicher Teil zu den einzelnen Grundemotionen an: Stress, Angst, Traurigkeit, Ärger, Zorn, Wut, Ekel, Freude und Neugierde.
Zur Interpretation und Einschätzung einer Stimmungslage ist immer die Beobachtung der gesamten Körperhaltung und Gesamtsituation wichtig. Ein großer Teil des Buches ist der Beschreibung und der Interpretation der Körpersprache verschiedener Rassen und Hundetypen gewidmet - so können Hundefreunde beim Lesen des Buches und Betrachten der Bilder die Unterschiede innerhalb der einzelnen Rassen wahrnehmen.
Das Buch vermittelt auf diese Weise ein umfassendes Gesamtbild, das hilft, Hunde künftig besser »lesen« zu können. Im zusätzlichen Übungsteil kann jeder die neu erworbenen Kenntnisse selbst testen und überprüfen.
Das Anliegen der beiden Hundeexpertinnen ist es, das Auge und die Wahrnehmung von Hundehaltern für die Emotionen der eigenen, aber auch die von fremder Hunde zu schulen, um eben diese Art »Bauchgefühl« zu entwickeln, von dem oben die Rede war.
Emotionen bei Hunden sehen lernen
Wie wir Menschen zeigen auch Hunde Emotionen wie Freude, Ärger, Angst, Neugier, liebevolle Zuwendung, Ekel oder Enttäuschung. Die beiden Autorinnen weisen darauf hin, dass es schon unter uns Menschen sehr unterschiedliche Wahrnehmungen von Emotionen gibt - bei uns selbst und bei anderen Menschen. Wie wollen wir dann die Emotionen von Hunden erkennen und interpretieren?
»Es kann trotzdem hilfreich sein, die Vokabeln zu verwenden, die wir auch in Bezug auf menschliche Emotionen benutzen, wenn wir uns dabei immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass wir es nicht wirklich sicher wissen.« Die Kynologie (also die Hundeforschung) stehe gerade am Anfang, was die Erforschung solcher Begriffe betrifft.
»Damit Hunde ein bestmögliches Leben in ihren Familien leben können, ist es nicht nur notwendig, dass sie geliebt werden, sondern auch, ihre Bedürfnisse zu sehen und darauf einzugehen, dass sie Respekt und Verständnis im täglichen Leben und in allen Lebenssituationen erfahren«, schreiben Katja Krauß und Gabi Maue. »Dazu möchten wir mit diesem Buch beitragen.«