Zarth: Kleines Natur-Paradies für Wildtiere
Von Dr. Eberhard Schneider, Vogelschutz-Komitee e.V.
Umgeben von meist eintönigen brandenburgischen Kiefernwäldern und noch eintönigeren ausgedehnten agrarischen Intensivkulturen mit Spargel- und Maisanbau blieb nahe der einst von spätmittelalterlichen Bänkelsängern besungenen »Sabinchenstadt« Treuenbrietzen eine Naturperle bewahrt: der »Zarth«, ein wunderbares, artenreiches Laubwaldrefugium mit ökologisch wertvoller Waldwildnis. Das Naturschutzgebiet wurde 2007 vom Vogelschutzkomitee e.V. erworben und bietet Lebensraum für zahlreiche Vögel: von Pirol, Waldschnepfe und Eisvogel über Eulen, Kraniche und Weißstörche bis zum seltenen Schwarzstorch. Aber auch Rotbauchunken, Waldeidechsen, zahlreiche Schmetterlinge, mindestens 13 Fledermausarten, Biber, Fischotter und natürlich Rehe und Wildschweine sind in diesem Naturparadies zu Hause. Auch der Wolf lässt sich blicken.
Ökologisch wertvolle Waldwildnis
Dieser Wald in seiner heutigen Form mit reicher Biodiversität ist letztlich das Lebenswerk von Eduard Prinke, der in weiser Voraussicht jahrzehntelang konsequent für die Erhaltung des Teufelswaldes (sorbisch: Zarth ) und die Bewahrung der artenreichen Waldwildnis eingetreten ist. Er hat diesen, schon seit den 1960er Jahren zum Naturschutzgebiet erklärten, naturnahen Moorwald davor bewahrt, unter die Räder der Forstwirtschaft und purer Holzproduktion zu kommen und schlussendlich auch zu einem Tummelplatz für Jäger zu werden - wie ihn über lange Jahre schon einmal russisches Militär genutzt hatte, um dort große Wildschweinjagden durchzuführen. Der Naturmann Eduard Prinke hatte sich in ehrenamtlicher Tätigkeit für den Lebensraumschutz und die Erhaltung vom Aussterben bedrohter Pflanzenarten eingesetzt, ganz besonders aber auch für den Schutz von Laubfrosch und Rotbauchunke, Weißstorch, Biber und einer mannigfaltigen Vogelwelt, die allesamt bis heute im Zarth Lebensstätten finden.
2007: Vogelschutzkomitee erwirbt den Zarth als Refugium für Tiere und Pflanzen
Als die Stadt Treuenbrietzen ihr Waldeigentum zum Kauf anbot - in der Erwartung, einen vor allem an der Jagd interessierten Käufer zu finden -, erwarb im Juli 2007 das Vogelschutz-Komitee e.V. aus Spendenmitteln seiner Förderer das fast 260 Hektar große Waldgebiet »Zarth«. Durch weiteren Zukauf konnten wir das Schutzgebiet nachfolgend auf über 300 Hektar vergrößern.
Früher war dort einmal Moor, das zur Torfgewinnung mit Entwässerungsgräben durchzogen und abgebaut worden war. Noch heute zeugen zwei verbliebene größere Wasserflächen als ehemalige Torfstiche von der früheren Torfgewinnung, ebenso ausgedehnte Nasswiesen, auf denen sich eine sehr artenreiche Wiesenvegetation mit heute selten gewordenen Arten wie wunderbaren Orchideen und auch einer vielfältigen Schmetterlingsfauna entwickelt hat.
Der in weiten Teilen aufgewachsene Wald aus Eichen, Eschen, Erlen, Pappeln, Birken, Ulmen, Ahornen und vielen Sträuchern beherbergt heute eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt. Über 90 Brutvogelarten, vom Pirol, Kuckuck, Eisvogel über Turteltaube und Waldschnepfe bis hin zu Schwarzstorch, den beiden Milanarten, Rohrweihe, Eulen, Kranich, Spechten und vielen kleinen Singvögeln, haben hier Lebensraum. Weitere Vogelarten finden auf dem Durchzug einen Rast- und Nahrungsplatz oder ihr Überwinterungshabitat.
Schutz der Tiere vor jagdlicher Verfolgung
Natürlich war das Ziel des Vogelschutz-Komitees, mit dem Zarth ein ökologisch wertvolles Refugium für Pflanzen und Tiere eines breiten Artenspektrums zu sichern, die Biodiversität zu erhalten und zu steigern und vor weiteren zerstörenden Eingriffen zu bewahren - insbesondere auch, in allem die Freiheit für Tiere zu sichern, wozu natürlich ganz besonders der Schutz vor jagdlicher Verfolgung zählt.
Lebensgemeinschaften der Pflanzen und Tiere können sich ungestört entwickeln
Insgesamt erfährt bei uns dieser Laubmischwald als nicht forstwirtschaftlich genutztes Waldreservat den Prozessschutz : Die ungestörte Entwicklung der Lebensgemeinschaft aller Pflanzen und Tiere im natürlichen Ablauf der Stoff- und Energiekreisläufe soll dort garantiert sein. Ziel dieser »Waldwildnis« ist auch der dringend gebotene Beitrag zum Klimaschutz. Gerade den Moorwäldern kommt da ja eine besondere Rolle zu. Denn sowohl im Holz der Bäume als auch im Moor mit seinen nur sehr langsam verrottenden Pflanzenresten werden große Mengen Kohlendioxid über sehr lange Zeit gespeichert. Man muss aber die Bäume alt werden lassen und den Torf in Ruhe lassen.
Aus diesem Grunde fällt auch im Zarth dem Moorschutz eine wichtige Rolle zu. Manche jetzt schon mächtige Eiche wird dort noch sehr lange Zeit weiter wachsen, ohne Säge und Axt fürchten zu müssen. Es werden alle Bäume und Sträucher ihren natürlichen Lebenszyklus durchlaufen und jeder für sich jahrzehntelang Kohlendioxid speichern, bei gleichzeitigem Schutz und Erhalt der Biodiversität, der Vielfalt biologischer Arten.
Abgestorbene Bäume: Lebensgrundlage für Insekten und Höhlenbrüter
Hat schließlich ein Baum seine natürliche Altersgrenze erreicht und stirbt allmählich ab, dann ist er keineswegs tot: Als ökologisch außerordentlich wertvolles »Totholz« speichert er nicht nur weiterhin noch den Kohlenstoff. Er liefert ganz besonders das Substrat für sehr viele Organismen: Pilze und zahlreiche Insekten wie etwa der Eremit-Käfer sind an diese vom Totholz und sich daraus entwickelndem Mulm gebildete Lebensgrundlage ganz besonders angepasst. Ein Totholzbaum ist voller Leben! In ihm zimmern Spechte ihre Nisthöhlen, die dann auch zahlreichen anderen Höhlen bewohnenden Vögeln und Fledermäusen Unterkunft und Brutplätze bieten. Es gilt für uns demgemäß auch, dass wir konsequent die Finger weg lassen und der Wald in seiner natürlichen Entwicklung gänzlich ungestört bleibt.
Dies wird inzwischen auch honoriert durch eine maßgebliche finanzielle Unterstützung durch das Land Brandenburg in seinem Programm »Gewährung von Zuwendungen für Naturschutzmaßnahmen im Wald und Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der durch Extremwetterereignisse verursachten Folgen im Wald«.
Wiederherstellung des Feuchtwaldes
Entscheidend für den Moorschutz ist aber die Unterbindung des von Menschenhand bereiteten Wasserabflusses. Dem zu begegnen, ist das Ziel der bestmöglichen Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Moores. Dazu konnte bereits 2014 das vom Land Brandenburg unter Bereitstellung und Co-Finanzierung von ELER-Fördermitteln der Europäischen Union das Vorhaben »Revitalisierung des Moor- und Feuchtwaldkomplexes Der Zarth« durchgeführt werden. Es wurde eine Verplombung der einst von Menschen angelegten Entwässerungsgräben vorgenommen, in die natürlichen Kleingewässer wurden Strömungshindernisse aus standörtlichem Holzmaterial eingebaut. Die früheren Durchlassrohre unter dem einzigen für Waldbesucher begehbaren Weg wurden durch naturnahe Furten ersetzt.
Alsbald waren die guten Auswirkungen des Gewässer-Aufstaus erkennbar: Vorher trocken liegende Mulden füllten sich wieder mit Leben spendendem Nass! Auf zuvor schon ausgetrocknetem Waldboden haben sich größere Wasserflächen gebildet, die inzwischen sogar Höckerschwänen, Blässrallen und Wildenten als Aufzuchtplätze für ihre Jungen willkommen sind.
Aber damit ist die völlige Wiederherstellung des angestrebten natürlichen Zustands noch längst nicht erreicht. Man muss sich die Geländeausformung so vorstellen, dass dieses uralte Moorgebiet wie in einer schräg stehenden Schüssel daliegt und darin das Moor wie ein Schwamm das Wasser aufnimmt, welches als Grundwasser vor allem aus dem südwestlich liegenden Hohen Fläming herangeführt wird. Erst wenn das Moor mit Wasser gesättigt ist, fließt überschüssiges Nass natürlicher Weise in die nördlich sich anschließende Nuthe-Nieplitz-Niederung ab. Doch davon sind wir noch weit entfernt! Noch gibt es im östlichen Waldgebiet alte Entwässerungsgräben, die wir zwar Stück für Stück zu schließen bemüht sind. Aber das Problem liegt vielmehr in der allgegenwärtigen Landentwässerung unter der Tätigkeit der Wasser- und Bodenverbände, die der intensiven Agrarwirtschaft dient. Wir sind als Grundeigentümer seit Jahren bemüht, diesen angesichts der Klimaänderung mit zunehmender Trockenheit ganz und gar nicht mehr zeitgemäßen »Unterhaltungsbeitrag« an den Entwässerungs-Verband nicht mehr leisten zu müssen, durch den unser Eigentum gegen unseren Willen entwässert und sogar beschädigt wird.
Die Biber kehren zurück und helfen, den Feuchtwald wiederherzustellen
Weitaus besser als alle technischen Maßnahmen und sogar kostenfrei haben aber eingewanderte Biber unser Wiedervernässungsvorhaben unterstützt. Seit gut drei Jahren finden sich an verschiedenen Stellen des Wasserabflusses kleine Biberdämme.
Es entstanden - ganz ohne unser Zutun - neue ausgedehnte Überflutungsbereiche, die auf jeden Fall den besten Beitrag zur Moorwiederherstellung und zum Erhalt des Moorwaldes liefern. Da Biber hier und da auch Bäume fällen, deren Rinde und Zweige ihnen als Winternahrung dienen oder die sie in ihren Dammbauwerken verwenden, findet ein natürliches Geschehen statt, von dem man nur träumen konnte!
Der Fischotter tauchte bisher sporadisch im Gebiet auf. Es bleibt zu hoffen, dass ihm der Biber als Meister des Wasserbaus ein guter Wegbereiter ist und der Fischotter auch dauerhafter Bewohner des Zarth wird - so wie auch der Schwarzstorch hinreichend Gewässer findet, um darin auch künftig nach Nahrung zu fischen.
Keine Jagd mehr auf wildlebende Tiere
Eine weitere Folge der anachronistischen Bestimmungen und Vorschriften trifft den Wildtierbestand des Gebietes und unser Bemühen, die Freiheit auch für allgemein noch immer bejagte Tiere zu gewährleisten. Immerhin herrscht seit langer Zeit in dem im Naturschutzgebiet gelegenen Totalreservat (Schutzzone 1) Jagdruhe, ohne dass irgendwelche den Naturschutzzielen abträgliche Auswirkungen aufgetreten sind.
Als endlich im Jahr 2018 der mit dem seinerzeitigen Kauf unlösbar verbundene Jagdpachtvertrag endete, fand natürlich die jagdliche Betätigung in unserem Eigenjagdbezirk ihr Ende. Jedoch muss die zuständige untere Jagdbehörde des Landkreises Potsdam-Mittelmark dem Ruhen der Jagd zustimmen - womit sich die Jagdbehörde aber seit nun drei Jahren mehr als schwer tut. Die Jagdbehörde bringt allerlei fachlich fehlgehende Begründungen vor, um die Zustimmung verweigern zu können. Man kann sich - wenngleich die gesetzliche Regelung solches ja durchaus vorsieht - vorerst nicht damit abfinden, dass im Zuständigkeitsbereich der Behörde freilebende Wildtiere auf dem Eigentum eines Waldbesitzers nicht abgeschossen oder gar mit Fallen gefangen werden. Konsequente Umsetzung des Natur- und Artenschutzes und die Freiheit für Tiere sind für die Jäger-Gilde wohl schlimmer als für den Teufel das Weihwasser?

Wildschweine lockern den Boden
und tragen ganz besonders zur Verbreitung von Pflanzensamen (Zoochorie) bei. · Bild: Freiheit für Tiere
Wildschweine sind wichtig für den Wald
So besteht die Forderung, Wildschweine abzuschießen, weil sie angeblich hohe Schäden im Offenland verursachen. Aus Sicht des Naturschutzes üben Wildschweine einen außerordentlich positiven ökologischen Effekt auf die natürliche Vegetation aus: Sie lockern den Boden und tragen ganz besonders zur Verbreitung von Pflanzensamen (Zoochorie) bei. Vor allem lichtkeimende Pflanzenarten werden von den Bodenlockerungen der Wildschweine sehr begünstigt. Damit erbringen diese Tiere einen den naturschutzfachlichen Zielsetzungen absolut dienlichen und wünschenswerten Beitrag. Insgesamt tragen Wildschweine in hohem Maße zur natürlichen Dynamik in den ökologischen Wechselbeziehungen des Gebietes bei. Dass die Bodenwühlstellen gegebenenfalls eine gewisse Erschwernis bei technischen Pflegemaßnahmen (Mahd) zeitigen können, ist demgegenüber vernachlässigbar. Da die Wiesen im Eigentum des Vogelschutzkomitees stehen, ist ein etwaiger Wildschaden nicht relevant.
Durch das Ruhen der Jagd werden - entgegen der derzeitigen Auffassung der Jagdbehörde - die naturschutzfachlichen Ziele im Naturschutzgebiet »Der Zarth« nicht gefährdet, sondern ganz im Gegenteil gefördert.